Brunner: Krisenbekämpfung und Zukunftsinvestitionen belasten das Budget, jetzt gilt es, das Anspruchsdenken zurückfahren und wieder zu einer nachhaltigen Budgetpolitik zurückzukehren
Finanzminister Magnus Brunner blickt kurz vor Ende seiner 3-jährigen Amtszeit auf bewältigte Krisen und gelungene Reformen zurück. Gleichzeitig mahnt er, dass es nicht nur aus budgetären Gründen nötig ist, das Anspruchsdenken an den Staat nun wieder zurückzufahren.
Finanzminister Magnus Brunner: „Die vergangenen drei Jahre kann man durchaus als stürmisch bezeichnen. Wir hatten als Bundesregierung und als Gesellschaft mit einer weltweiten Gesundheitskrise umzugehen, haben den immer noch andauernden, russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und zuletzt eine Energie- und Teuerungskrise miterlebt.“
Die multiplen Krisen der vergangenen Jahre haben große Investitionen in die Pandemiebekämpfung, zur die Unterstützung der Wirtschaft und für den Erhalt der Kaufkraft der Bürgerinnen du Bürger notwendig gemacht. Dafür hat die Bundesregierung sehr viel Geld in die Hand genommen. Das war richtig, denn natürlich muss der Staat reagieren, wenn eine Pandemie oder eine Energiekrise ganze Wirtschaftszweige gefährdet und damit plötzlich Einkommen, Kaufkraft und Lebensgrundlage der Menschen in Frage gestellt werden. Brunner: „Klar ist aber auch, dass solche Krisen Spuren im Staatshaushalt hinterlassen und sich der budgetäre Ausnahmezustand der letzten Jahre nicht zum budgetpolitischen Normalzustand entwickeln darf.“
Erfolge trotz Krisen
Trotz der wirtschaftlichen Turbulenzen hat die Bundesregierung eine Reihe von wichtigen Maßnahmen umgesetzt, die nachhaltige Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger sowie die heimischen Unternehmen mit sich brachten. „Wir haben die kalte Progression abgeschafft und damit den Faktor Arbeit nachhaltig entlastet. Für diese Entlastung haben wir uns ganz bewusst entschieden – denn die Menschen, die jeden Tag ihren Beitrag leisten, sollen das am Ende des Monats auch in ihrem Geldbörserl spüren. Das ist ein Akt der steuerpolitischen Fairness und das haben sich die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger in unserem Land verdient. Zudem haben wir in die Sicherheit investiert, indem wir das Verteidigungsbudget auf heuer 4 Milliarden Euro erhöht haben, und wir haben den Bereich der Wissenschaft und Forschung massiv gestärkt“, so Brunner.
Besonders stolz ist Brunner auf den neu eingeführten Zukunftsfonds im Finanzausgleich, der den Ländern und Gemeinden bis 2028 jährlich durchschnittlich 2,4 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stellt: „Mit dem Zukunftsfonds haben wir einen Paradigmenwechsel im Finanzausgleich eingeläutet und knüpfen erstmals die Bereitstellung zusätzlicher Mittel an die Erreichung konkreter Ziele und Reformen. Dieses Geld fließt in wichtige Zukunftsinvestitionen wie Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung“.
Anspruchsdenken zurückfahren
Mit Blick auf die kräftigen Hilfen für Unternehmen und Bürger in Zeiten der Pandemie und der Teuerungskrise mahnt Brunner: „Wir haben viel Geld in die Hand genommen, um die Menschen und Unternehmen in Zeiten hoher Inflation zu entlasten. Die Inflationsrate erreichte im Jänner 2023 mit 11,2 % ihren Höhepunkt, konnte aber durch gezielte Maßnahmen auf heute 1,8% gesenkt werden – unter dem Zielwert der Europäischen Zentralbank. Jetzt ist es daher das Gebot der Stunde, das Anspruchsdenken wieder zurückzufahren und sich nach der Krisenbewältigung wieder auf die Eigenverantwortung aller zu besinnen. Das betrifft gleichermaßen Unternehmen und Bürger sowie uns als Bundesregierung. Es ist schon interessant, dass viele eine Konsolidierung des Budgets fordern und gleichzeitig mit Forderungen in Millionen- oder sogar Milliardenhöhe auf das Finanzministerium zukommen. Alleine in den letzten drei Wochen haben wir Forderungen in der Höhe von 15 Milliarden erhalten. Wer A sagt, der muss auch B sagen. Das bedeutet auch, dass die einzelnen Ressorts in Zukunft verstärkt Prioritäten setzen müssen. Alles auf einmal wird nicht gehen.“
Geänderte Wirtschaftsprognosen wirken sich auf Budgetprognosen aus
Im Laufe der vergangenen 12 Monate haben die Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wirtschaftsprognosen immer wieder nach unten revidiert. Das wirkt sich naturgemäß auch auf die Defizit-Prognosen des Finanzministeriums aus, die auf Grundlage der WIFO-Wirtschaftsprognosen und der BIP-Zahlen der Statistik Austria berechnet werden.
Das war nun auch bei der Defizit-Prognose für 2024 der Fall. Zum Zeitpunkt der Budgeterstellung für 2024 im Oktober 2023 ging das WIFO von einem Wirtschaftswachstum von 1,2 % für 2024 aus. Die aktuellste Prognose geht nun von einem Negativwachstum von 0,6 % aus. Die Ausgangslage ist dadurch eine völlig andere – denn Österreich schlittert von einem moderaten Wachstum in eine Rezession.
Welche Auswirkungen eine derartige Revision hat, zeigen die Zahlen: 2 Prozentpunkte weniger Wachstum bedeuten ein um rund 1 Prozentpunkte höheres Defizit im Haushalt. Weitere Faktoren – neben den fundamentalen konjunkturellen Effekten - die zu der höheren Defizitprognose geführt haben, sind neue Maßnahmen, wie etwa die Erhöhung des Klimabonus, aber beispielsweise auch die notwendig gewordenen Mittel zur Bekämpfung der Hochwasserschäden durch die Unwetter vor einigen Wochen.
Brunner: „Die Revision der WIFO-Wirtschaftsprognosen hatte zur Folge, dass wir unsere Defizit-Prognose für 2024 von 2,9% Anfang Oktober auf 3,3% nach oben revidieren mussten. Und ja, damit überschreiten wir die 3 %-Maastricht-Grenze. Damit sind wir allerdings nicht alleine: Auch 9 andere EU-Mitgliedsstaaten erwarten für dieses Jahr ein Defizit von über 3%. Das ist also kein österreich-spezifisches Phänomen, sondern für nahezu alle Regierungen in Europa waren die Krisen der letzten Jahre eine Zäsur für den Haushalt.“
Hintergrundwissen zur Erstellung von Prognosen
Die Erstellung von Prognosen ist ein aufwendiger Prozess, für den das Finanzministerium unter anderem die WIFO-Wirtschaftsprognosen und die BIP-Zahlen der Statistik Austria als Berechnungsgrundlage benötigt. Das Veröffentlichungsdatum der WIFO-Prognose wurde bereits im Dezember 2023 durch das WIFO festgelegt. Am 30. September wurden die finalen BIP-Zahlen von der Statistik Austria veröffentlicht – ohne diese Daten hätte das Finanzministerium keine seriösen Zahlen veröffentlichen können.
Ein weiteres Beispiel für die Komplexität der Fiskalpolitik sind die Auswirkungen der kürzlich durchgeführten „BIP-Revision“ der Statistik Austria. Konkret bedeutet das, dass die Statistik Austria regelmäßig ihre BIP-Zahlen revidiert. Diesmal war eine EU-weite langjährige Revision fällig. Das hat dazu geführt, dass das nominelle BIP für 2024 um rund 3% (14,6 Mrd. €) geringer ist. Da die Schuldenquote im Verhältnis zum BIP berechnet wird, steigt Österreichs Schuldenquote allein durch diese Datenrevision an. Kurz gesagt: Ohne dass auch nur ein Cent mehr an Schulden aufgenommen wurde, erhöht sich der Schuldenstand. Das ist der sogenannte BIP-Nenner-Effekt. Diesen Effekt spürt Österreich nicht nur heuer, sondern auch in den kommenden Jahren.
Wichtige Weichenstellungen für die Zukunft
Dennoch werden Maßnahmen nötig sein, um effektiver und effizienter zu werden. Dabei zeigt sich etwa beim Blick auf das Förderwesen viel Einsparungspotenzial: Österreich hat eine Förderquote von rund 7,5% des BIP – das ist die 7. höchste Förderquote der EU. Der EU-Durchschnitt beträgt 6,7% des BIP. Würde man die Förderquote auf das EU-Niveau angleichen, könnte Österreich nur dadurch rund 3,5 Milliarden Euro pro Jahr einsparen.
Finanzminister Brunner: „Nicht jeder Euro, den wir ausgeben, ist automatisch auch gut investiert. Zum Beispiel zeigen unsere Analysen im Bereich der ökologischen Transformation deutlich, dass trotz erheblicher Erhöhung des Förderbudgets im Klima- und Energiebereich die Mittel oft nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Wir sehen also, dass mehr Geld nicht automatisch mehr Wirkung bedeutet. Im Gegenteil: Im konkreten Fall bleibt sogar Geld übrig, weil die budgetäre Konzeption nicht mit den unternehmerischen Bedürfnissen übereinstimmt.“
Außerdem solle man zukünftig verstärkt auf Ausgabeneffizienz setzen und zwar durch die stärkere Verankerung von „Spending Reviews“ und dem „Zero-Based-Budgeting“-Ansatz: „Wir müssen sicherstellen, dass jeder Euro, den der Staat ausgibt, gut investiert ist und den gewünschten Effekt erzielt. Um Doppelgleisigkeiten abzubauen und Effizienzpotentiale zu heben, müssen wir verstärkt auf Ausgabenchecks – sogenannte „Spending Reviews“ – setzen. Außerdem sollte man bei der nächsten Budgetverhandlung den „Zero-Based-Budgeting“-Ansatz verfolgen. Das bedeutet, dass alle Budgetposten gänzlich neu verhandelt und von den jeweiligen Ressorts begründet werden müssen“, betont Brunner abschließend.