Regionale Entwicklungsbanken
Die regionalen Entwicklungsbanken weisen eine ähnliche Funktionsweise und Governance auf wie die vor ihnen entstandene Weltbank, reflektieren jedoch in ihrer Aktionärsstruktur die Mehrheiten der jeweiligen regionalen Mitgliedsländer. Auch bei den regionalen Entwicklungsbanken ist das oberste Ziel die Bekämpfung der Armut in den jeweiligen Regionen. Diese Zielsetzung soll durch Förderung einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, durch Investitionen in die Infrastruktur und durch die Förderung des Privatsektors erreicht werden. Neben verschiedenen Finanzierungsinstrumenten gewähren sie bei der Umsetzung dieser Aufgabenstellung auch technische Assistenz.
Afrikanische Entwicklungsbank-Gruppe (AfEB-Gruppe)
Die Afrikanische Entwicklungsbankgruppe (AfEB-Gruppe) umfasst die Afrikanische Entwicklungsbank, den Afrikanischen Entwicklungsfonds und den Nigeria Trust Fund. Alle diese drei Institutionen der internationalen Entwicklungsfinanzierung sind rechtlich selbständig, organisatorisch jedoch eng verflochten und arbeiten mit denselben Personal- und Managementressourcen. Seit 2015 steht der Nigerianer Dr. Akinwumi Adesina der AfEB-Gruppe als 8. Präsident vor.
Die AfEB-Gruppe unterstützt ihre regionalen Mitgliedsländer vor allem durch:
- Kredite zur Förderung ihres ökonomischen und sozialen Fortschrittes unter Anlegung von Nachhaltigkeitskriterien;
- Technische Assistenz und Know-How für die Vorbereitung und Durchführung von Entwicklungsprojekten;
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Hilfestellung und Bereitstellung von Know-How für die Erstellung, Durchführung und Koordination von Entwicklungsplänen, beim öffentlichen (Finanz-)Management sowie bei der Durchführung struktureller Reformen.
Die AfEB wurde 1963 von der OAU (Organisation of African Unity, die Vorgängerinstitution der heutigen Afrikanischen Union) als gesamtafrikanische Institution für die Finanzierung von Entwicklungsprojekten in Afrika ins Leben gerufen. Sie funktioniert auf der Basis des von den Mitgliedsländern bereitgestellten Kapitals und refinanziert sich von den internationalen Finanzmärkten. Die Bank vergibt Kredite an jene kreditwürdigen Mitglieder, die alleine nur zu bedeutend schlechteren Konditionen Zugang zu den Finanzmärkten finden würden. 1982 öffnete sich die AfEB für nicht-regionale Aktionäre, wodurch sich Quantität und Qualität ihres Kapitals und damit ihre Bonität auf den internationalen Finanzmärkten signifikant verbesserte. Vor allem viele europäische Industriestaaten, inklusive Österreich, sowie Kanada und die USA wurden in der Folge als nicht-regionale Mitgliedsländer aufgenommen, später auch Japan, China, Südkorea, Indien, Brasilien, Argentinien, Saudi Arabien, Kuwait und die Schweiz. Heute umfasst die AfEB 54 afrikanische und 27 nicht afrikanische Mitgliedsländer. Österreich ist seit 1983 Mitglied der Bank und hält derzeit einen Kapitalanteil von 0,436 Prozent.
1972 wurde der Afrikanische Entwicklungsfonds (AfEF) gegründet, eine mit hoch-konzessionellen Mitteln arbeitende und vorwiegend von Industriestaaten mit Grants regelmäßig gespeiste Finanzinstitution für die ärmsten und nicht kreditwürdigen Länder der Region. Neben Krediten zu günstigen Konditionen werden auch Grants an afrikanische Länder mit geringem Einkommen vergeben. Österreich ist seit 1981 Mitglied. 2019 wurde die 15. Wiederauffüllung des AfEF abgeschlossen. Österreich wird demnach, vorbehaltlich parlamentarischer Genehmigung, voraussichtlich einen Anteil von 1,99 Prozent am AfEF halten.
1976 erfolgte die Gründung des Nigeria Trust Fund (NTF), des kleinsten Mitglieds der AfEB-Gruppe. Der NTF ist ein revolvierender Fonds und wird nur von Nigeria befüllt (Erstkapitalisierung von 80 Millionen US-Dollar, Wiederauffüllung 1981 mit 71 Millionen US-Dollar). Er unterliegt einer nigerianischen Entscheidungsstruktur.
Strategisch setzt die AfEB-Gruppe fünf große, synergetische Schwerpunkte (sog. „High Fives“):
- Verbesserung der Lebensqualität der Menschen (menschliche und soziale Entwicklung)
- Ernährungssicherheit (Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Wasser)
- Energie (Versorgung mit elektrischem Strom, erneuerbare Energie, grünes Wachstum)
- Industrialisierung (Privatsektorentwicklung, Infrastruktur, Entwicklung verarbeitender Industrien)
- Regionale Integration
Klimawandel und seine Auswirkungen sowie Fragilität und Gendergleichheit zählen ebenfalls zu den absoluten Schwerpunkten, werden jedoch in einem Mainstreaming-Ansatz verfolgt.
Österreich setzt in seiner spezifischen Kooperation mit der AfEB-Gruppe zwei Schwerpunkte:
- Wasser
- Erneuerbare Energie
In beiden Sektoren besteht eine Zusammenarbeit mit der Austrian Development Agency (ADA) und es werden Beiträge zu speziellen Trust Funds finanziert.
Asiatische Entwicklungsbank (AsEB)
Die Asiatische Entwicklungsbank (AsEB) wurde 1966 gegründet. Ihr Kapital wird von 68 Ländern (49 regionale, 19 nicht-regionale), eingeteilt gezeichnet. Das Hauptquartier befindet sich in Manila, Philippinen. Österreich ist der Bank als Gründungsmitglied 1966 beigetreten und am Kapital der Bank mit 0,34 Prozent beteiligt. Es bildet mit Deutschland, Großbritannien, der Türkei und Luxemburg eine von insgesamt 12 Stimmrechtsgruppe. Größter Anteilseigner ist Japan, das mit 12,8 Prozent die meisten Stimmanteile hält. Japan wird knapp gefolgt von den USA, die über 12,7 Prozent der Stimmen verfügen. Präsident ist ab 16. Jänner 2020 Masatsugu Asakawa aus Japan.
Die AsEB verfolgt als Zielsetzung die Unterstützung eines wirtschaftlich prosperierenden aber gleichzeitig auch integrativen und nachhaltigen Asien. Basierend auf ihrem Gründungsmandat, setzt sie ihre Bemühungen zur Beseitigung der nach wie vor in Asien bestehenden extremen Armut fort. Sie unterstützt ihre Mitglieder und Partner mit Darlehen, technischer Hilfe, nicht rückzahlbaren Zuschüssen und Kapitalinvestitionen zur Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. 2018 genehmigte die AsEB eine neue langfristige Strategie, die Strategie 2030, in der die allgemeine Vision und die strategischen Antworten der Institution auf die sich entwickelnden Bedürfnisse in Asien und im Pazifikraum definiert sind.
Die Unterstützung der AsEB konzentriert sich dabei auf sieben operative Prioritäten:
- Kampf gegen Armut und Abbau von Ungleichheiten;
- Beschleunigung des Fortschritts bei der Gleichstellung der Geschlechter;
- Bekämpfung des Klimawandels, Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen Klimaveränderungen und Katastrophen sowie Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit;
- Verbesserung der Stadtentwicklung;
- Förderung der ländlichen Entwicklung und der Ernährungssicherheit;
- Stärkung der guten Regierungsführung und der institutionellen Kapazitäten; und
- Förderung der regionalen Zusammenarbeit und Integration.
Mit dem Asiatischen Entwicklungsfonds (AsEF) besitzt die AsEB zudem einen separaten Fonds, welcher den ärmsten Mitgliedsländern nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt. Die AsEF-Ressourcen stammen hauptsächlich aus Beiträgen der AsEB-Mitgliedstaaten, die durch regelmäßige Wiederauffüllungen mobilisiert werden. Österreich leistet mit seinen Beiträgen nicht nur Hilfe bei der Entwicklung der Region Asiens, sondern profitiert bei der Realisierung von Bankprojekten auch durch Auftragsvergaben an die österreichische Wirtschaft. Die Mitgliedschaft an der Bank wirkt somit auch als Türöffner der österreichischen Wirtschaft in Asien. Schwerpunkte in der Zusammenarbeit von Österreich mit der Asiatischen Entwicklungsbank sind insbesondere Klimaschutz, Stadtentwicklung sowie Eisenbahn.
Asiatische Infrastruktur Investitionsbank (AIIB)
Die Asiatische Infrastruktur Investitionsbank (AIIB) wurde 2015 mit Sitz in Peking, China, gegründet. Die Bank hat 102 zugelassene Mitgliedsländer, darunter 52 nicht-regionale Staaten. China hält den größten Kapitalanteil, gefolgt von Indien, Russland und Deutschland. Österreich ist Gründungsmitglied und mit 0,52 Prozent am Kapital der Bank beteiligt. Herr Jin Liqun aus China ist seit 2016 der erste Präsident der Bank.
Die AIIB verfolgt das Ziel eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung über die Finanzierung von Infrastruktur und anderer produktiver Sektoren in Asien zu fördern, sowie die regionale Kooperation zur Überwindung von Entwicklungsbarrieren zu stärken. Die AIIB kann auch bis zu 15% der Investitionsvolumina in Mitgliedsländern außerhalb Asiens tätigen, solange die Projekte der wirtschaftlichen Entwicklung Asiens zugutekommen. Indien hat bis dato die meisten Investitionen erhalten.
Das Direktorium der AIIB ist, im Unterschied zu den meisten anderen IFIs, nicht bei der Bank in Peking angesiedelt, sondern tagt viermal jährlich in physischen Sitzungen und nach Bedarf in virtuellen Sitzungen. Österreich ist Teil der Eurogruppen-Stimmrechtsgruppe, der auch Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Holland, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Portugal, Spanien und Zypern angehören. Für Österreich steht die Teilnahme an der AIIB in Kontinuität zu dem seit langem bestehenden erfolgreichen Engagement in diversen internationalen Entwicklungs- und Finanzinstitutionen.
Die AIIB bekennt sich zu dem Ziel, hohe Umwelt, Sozial- und Governance-Standards anzuwenden und modernen und fairen Beschaffungsregeln zu folgen. Hierzu wurden operative Regelungen, vor allem Umwelt- und Sozialstandards und Standards im Beschaffungswesen, auch unter Einbindung der Zivilgesellschaft, erarbeitet, die weitestgehend denen anderer IFIs entsprechen bzw. diese teilweise auch übertreffen. So gibt es bei der AIIB etwa „universal procurement“, es können sich also auch Firmen aus Nicht-Mitgliedsländern um Aufträge bewerben.
Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)
Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wurde 1991, in unmittelbarer Reaktion auf die Veränderungen in Mittel- und Osteuropa, zu dem Zweck gegründet, den Übergang zur freien Marktwirtschaft in den ehemaligen zentralistischen Planwirtschaften Osteuropas und der Sowjetunion zu unterstützen. Dies geschieht durch Förderung privater unternehmerischer Initiativen im Rahmen eines zu schaffenden pluralistischen demokratischen Umfeldes. Im Unterschied zu den anderen Entwicklungsbanken hat die EBRD somit neben einem wirtschaftlichen auch ein politisches Mandat. Dieses verpflichtet sie, die Unterstützungsmaßnahmen von den Bemühungen der Empfängerländer, demokratische und pluralistische Gesellschaftsverhältnisse zu schaffen, abhängig zu machen.
Die Bank ist bestrebt, in den Reformländern bei der Durchführung struktureller und sektorspezifischer Wirtschaftsreformen, einschließlich Ent-Monopolisierung, Dezentralisierung und Privatisierung zu helfen. Ihre Tätigkeit umfasst die Förderung von Privatsektor-Aktivitäten, die Stärkung von Finanzinstitutionen, der Rechtssysteme und die Entwicklung der für die Unterstützung des Privatsektors nötigen Infrastruktur (u.a. in den Bereichen Verkehr, Energie und Wasser/Abwasser). Die EBRD operiert sowohl im privaten wie im öffentlichen Sektor, wobei die Bank mittlerweile über 73 Prozent ihrer Finanzierungen im Privatsektor tätigt.
Die EBRD hat 70 Mitglieder (68 Staaten, plus Europäische Kommission und Europäische Entwicklungsbank). Davon sind 36 Empfängerländer in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion und vier Länder aus dem südlichen und östlichen Mittelmeerraum. Zypern und Griechenland sind temporäre Empfängerländer (bis 2020). Österreich ist Gründungsmitglied der Bank.
Oberstes Entscheidungsorgan ist der Gouverneursrat, in den jedes Mitgliedsland eine/n Gouverneur/in und eine/n Stellvertreter/in nominiert. Der österreichische Gouverneur ist der Bundesminister für Finanzen. Neben dem Gouverneursrat gibt es das Direktorium, das aus 23 Mitgliedern besteht und vom Gouverneursrat für jeweils drei Jahre gewählt ist. Die Direktoriumsmitglieder vertreten sogenannte Stimmrechtsgruppen, die sich aus zwei oder mehreren Mitgliedsländern zusammensetzen. Das Direktorium ist insbesondere verantwortlich für die Formulierung der geschäftspolitischen Strategien. Die Präsidentin oder der Präsident der Bank wird vom Gouverneursrat auf vier Jahre gewählt und ist dem Direktorium gegenüber für die Führung der laufenden Geschäfte der Bank verantwortlich. Seit Oktober 2020 ist Frau Odile Renaud-Basso Präsidentin der EBRD.
Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB)
Die Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank (IDB), ist die älteste und größte regionale multilaterale Entwicklungsbank, die vor allem zur wirtschaftlichen und sozialen Förderung lateinamerikanischer und karibischer Staaten gegründet wurde. Zur IDB gehören:
Die IDB wurde 1959 gegründet und ist zu einem der größten Katalysatoren in der Mobilisierung der Ressourcen für die Region geworden. Die finanziellen Ressourcen der Bank bestehen aus dem eingezahlten Kapital, den Reserven und den auf den Finanz- und Kapitalmärkten aufgenommenen Kreditmitteln sowie sonstigen Beiträgen von Mitgliedsländern (z.B. Trust Funds). Der sogenannte Fonds für Sondergeschäfte (FSO), ehemals eine eigenständige Institution, wurde 2016 mit dem Stammkapital der IDB verschmolzen. Aus diesem Grund kann die IDB Kredite sowohl zu marktnahen Konditionen als auch höchst konzessionellen Konditionen bzw. eine Mischung aus beidem (blended finance) vergeben. Das einzahlbare Kapital wird in Form von Barzahlungen - verteilt über mehrere Jahre - getätigt und repräsentiert lediglich 4,3 Prozent der Kapitalzeichnung. Demnach ist der größte Teil des gezeichneten Kapitals Garantiekapital, mit dem die Kapitalaufnahmen der IDB in den Kapitalmärkten gesichert werden.
Die grundsätzlichen Aufgaben der IDB sind das eigene Kapital zu nutzen, Darlehen auf Finanzmärkten aufzunehmen, andere verfügbare Ressourcen zur Finanzierung der Entwicklung ihrer Empfängermitgliedsländer zu eröffnen und weiters, wenn privates Kapital nicht oder nicht ausreichend verfügbar ist, private Investitionen zu günstigen Bedingungen und einer günstigen Laufzeit zu ergänzen. Ebenso stellt sie Mittel für die technische Unterstützung zur Vorbereitung, Finanzierung und Implementierung von Entwicklungsprojekten zur Verfügung. Die Bankoperationen decken das gesamte Spektrum wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung ab, mit einer Betonung auf Programme für jene Bevölkerungsgruppen mit den niedrigsten Einkommen.
Erst durch eine in den 70er Jahren vorgenommene Änderung der Statuten können auch Staaten außerhalb Amerikas der IDB beitreten. Gegenwärtig hat die IDB 48 Mitglieder. Neben lateinamerikanischen und karibischen Empfängermitgliedsländern sind auf der Geberländerseite neben den USA, Kanada, Japan und Israel auch europäische Staaten (darunter seit 1977 Österreich) als Aktionäre beteiligt.
Die Inter-Amerikanische Investitionsgesellschaft (IIC) unterstützt kleinere und mittlere Privatunternehmen in Lateinamerika. Sie wurde 1986 gegründet und ergänzt dadurch die hauptsächlich auf den öffentlichen Sektor gerichteten Aktivitäten der IDB.
Gegenwärtig hat die IIC ca. 45 Mitgliedsländer mit einer Mehrheit bestehend aus lateinamerikanischen und karibischen Mitgliedsländern. Auf der Geberländerseite, ist neben den USA als stärkstes regionales Mitgliedsland, auch Österreich seit der Gründung 1986 als Aktionäre beteiligt. Die Gewährung von Darlehen und Beteiligungen durch die IIC erfolgt ohne Regierungsgarantien. Sektoriell sind die Bereiche Finanzdienstleistungen, Venture Capital, Industrieproduktion, Landwirtschaft, Fischfang, Tourismus, Bergbau und Öl wichtig.
Der Multilaterale Investitionsfonds (MIF) gehört zur Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank und wurde 1993 gegründet. Österreich ist nicht Mitglied des MIF. MIF tätigt mit Subventionen und Investitionen kleine gezielte Investitionen und agiert als Katalysator für größere Reformen, indem neue - wirtschaftliche - Ansätze getestet werden. MIF ist zum größten finanziellen Förderer von technischer Unterstützung für die Privatsektorentwicklung geworden.