Preisminderung und Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 13 Prozent Anfrage der LK vom 15.7.2024

Wir ersuchen um Bestätigung, dass eine Servicekostenpauschale als Preisabzug das Entgelt des Landwirts mindert und einheitlich der Umsatzsteuersatz von 13 Prozent (gemäß § 22 Abs.UStG oder ggf gemäß § 10 Abs.UStG) zur Anwendung kommt.

Bei Gutschriftenabrechnungen über den Viehverkauf wird dem Landwirt ein Servicekostenpauschale in Höhe von € 0,50 pro Stück zum Abzug gebracht. Dieser als Servicekostenpauschale bezeichnete Preisabzug beinhaltet: Preisgarantie, den Skontoausgleich, die Rabattierung der Tierertragsschadensversicherung, Unterstützung bei der administrativen Abwicklung der Tierhaltererklärung, die VIS-Meldung, Absatzförderungsmaßnahmen, Entwicklungs- und Wartungskosten sowie die Leistungen der Interessensvertretung, ...") In wirtschaftlicher Betrachtungsweise liegen daher einerseits übliche Preisminderungen vor, die unbestritten die Bemessungsgrundlage der 13 prozentigen Umsätze reduzieren und andererseits wird der Einkaufspreis um Rabatte in Form von Verwaltungskosten reduziert, die in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb der Tiere stehen und die weiters erforderlich sind, um die Lieferung überhaupt durchführen zu können. Wir vertreten daher die Meinung, falls dem Preisminderungsargument nicht gefolgt wird, dass es sich hierbei um eine unselbständige Nebenleistung zur Lieferung von lebenden Tieren handelt und einheitlich ein Umsatzsteuersatz von 13 Prozent zur Anwendung kommt. Die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage iSd § 4 UStG umfasst alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Leistende für diese Umsätze vom Leistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll. Nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind gemäß Art. 79 MwStSystRL Preisnachlässe durch Skonto für Vorauszahlungen, Rabatte und Rückvergütungen (vgl. Nieskens in Achatz/Tumpel/Bieber (Hrsg), Steuersätze und Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer (2023)).

Ein wichtiger Grundsatz des Umsatzsteuerrechts ist, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang für Zwecke der Umsatzbesteuerung nicht in seine Bestandteile zerlegt werden darf. Der Umfang der einzelnen Leistung ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen. Ist eine Leistungseinheit anzunehmen, so ist umsatzsteuerlich nur eine (einzige) Leistung gegeben. Die steuerlichen Folgen (etwa der anzuwendende Steuersatz) richten sich einheitlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung bzw. der Hauptleistung (vgl. VwGH vom 24.06.2004, 2000/15/0140). Bereits beim Salzburger Steuerdialog 2001 wurde ganz konkret zur umsatzsteuerlichen Behandlung von üblicherweise im Vieh- und Fleischhandel anfallenden Kosten ausgeführt, dass bei Gutschriften die zum Abzug gebrachten Kosten (wie z.B. AMA-Beiträge, Klassifizierungskosten, Provisionen an Zuchtverbände, u.ä.) das Entgelt des Landwirts mindern. Das Rechnungsbeispiel nach folgendem Bild wurde vom BMF für richtig befunden (BMF 09 4501/11-IV/9/01 vom 19. November 2001; vgl. auch Jilch in „Die Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte“ 6. Auflage, S. 684).

Beispiel:
Nettopreis für Vieh S 27.600,00
Klassifizierungskosten S - 90,00
AMA-Gebühr S - 150,00
Provision S - 500,00
Netto: S 26.860,00
12 % USt S 3.223,20
Rechnungsbetrag S 30.083,20

Begründet wurde dies vom BMF, dass die üblicherweise im Vieh- und Fleischhandel anfallenden Kosten nicht als durchlaufender Posten, sondern beim Entgelt mindernd anzusetzen sind. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte, ist eine unselbstständige Nebenleistung dann anzunehmen, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng zusammenhängt und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommt. Das ist zu bejahen, wenn die Leistung die Hauptleistung ermöglicht, abrundet oder ergänzt (vgl. Ruppe, UStG, Tz 31; EuGH vom 21. Februar 2008 in der Rechtssache C-425/06). Ebenso ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Kunden keinen anderen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen oder nach dem Willen der Parteien so eng mit der anderen verbunden ist, dass die eine nicht ohne die andere erbracht werden kann. (vgl. z.B. EuGH 126/78; C-425/06; vgl. auch die Erkenntnisse des VwGH vom 19. März 2002, 97/14/0133; vom 24. Juni 2004, 2000/15/0140, vom 21. Dezember 2005, 2001/14/0123, vom 1. März 2007, 2004/15/0090; vom 19. März 2008, 2005/15/0072, u.v.m.) Im Protokoll zum Salzburger Steuerdialog 2012 zu § 3 Abs. 3 UStG 1994, wurde ausgeführt, dass Leistungen eines Kommissärs an den Kommittenten (hier Kommissionsgeschäft von Zeitschriften), welche nebensächlich zur Hauptleistung sind, eng zusammenhängen bzw. das Geschäft erst ermöglichen, abrunden oder ergänzen und keinen eigenen Zweck haben als unselbständige Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung teilen. Der Kommittent hatte daher an den Kommissionär die Rechnung über die Lieferung von Zeitschriften und die mit der Kommissionsware zusammenhängenden Leistungen (z.B. vereinbarte Provision, Kosten für Verpackung, Transport sowie Verwaltungskosten für Mahnwesen, Vertrieb, usw.) einheitlich zu beurteilen. Als Bemessungsgrundlage war daher das reduzierte Entgelt heranzuziehen, der einheitliche Steuersatz jener der Hauptleistung (10 Prozent für Zeitschriften). Das BMF verweist hier u.a. auf die bereits zitierte Rechtsprechung des EuGH, wonach eine künstliche Aufspaltung der Leistung in mehrere Bestandteile zu unterlassen ist. Wir ersuchen daher um Bestätigung, dass eine nach diesem Vorbild verrechnete Servicekostenpauschale das Entgelt des Landwirts mindert und einheitlich der Umsatzsteuersatz von 13 Prozent (gemäß § 22 Abs.UStG oder ggf gemäß § 10 Abs.UStG) zur Anwendung kommt.

Beantwortung:

Wie aus der erbetenen klarstellenden Ergänzung des Sachverhalts hervorgeht, wird in der angefragten Konstellation Vieh von einem Landwirt an eine Genossenschaft geliefert, die wiederum in Folge das Vieh im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an Dritte (z.B. Schlachthöfe) veräußert. Darüber hinaus erbringt die Genossenschaft gegenüber dem Landwirt gewisse Leistungen (Preisgarantie, Skontoausgleich, Rabattierung der Tierertragsschadensversicherung, Unterstützung bei der administrativen Abwicklung der Tierhaltererklärung, VIS-Meldung, Absatzförderungsmaßnahmen, etc.), deren Entgelt (Servicekostenpauschale) bei der Lieferung des Viehs, über das in Form einer Gutschrift von der Genossenschaft abgerechnet wird, vom Kaufpreis der Viehlieferung abgezogen wird.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation wird einerseits Vieh durch einen Landwirt gegen Entgelt an eine Genossenschaft geliefert und andererseits eine Dienstleistung gegen Entgelt durch eine Genossenschaft an einen Landwirt erbracht. Vor diesem Hintergrund gilt, dass sowohl die Lieferung des Viehs durch den Landwirt als auch die sonstige Leistung des Servicepakets durch die Genossenschaft selbständige steuerbare Vorgänge sind, die unter den allgemeinen Voraussetzungen der Umsatzsteuer unterliegen.

Diese Beurteilung ist auch im Lichte der jüngeren Judikatur des EuGH (siehe EuGH 10.1.2019, Rs C-410/17, A Oy) geboten, der in einer vergleichbaren Konstellation von einem Austausch gegenseitiger Leistungen im Rahmen ein und desselben Vertrags zwischen zwei Personen ausgegangen ist. Darüber hinaus ändert auch die Saldierung der Leistungsentgelte des Landwirts und der Genossenschaft in der Gutschrift der Genossenschaft nichts daran, dass zwei selbständige Leistungen vorliegen (vgl. UStR Rz 1515).

Hinsichtlich des adressierten Themenkreises „Einheitlichkeit der Leistung“ ist festzuhalten, dass eine einheitliche Leistung ausgeschlossen ist, wenn – wie im vorliegenden Fall – Leistungen von verschiedenen Unternehmern erbracht werden.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Servicekostenpauschale als Entgelt für (selbständige) Leistungen eines Unternehmers (Genossenschaft) zu beurteilen ist und dieses Entgelt die Bemessungsgrundlage der Lieferung des Viehs durch den Landwirt nicht mindert.