Welche Finanzvergehen gibt es?
Überblick über die Tatbestände des Finanzstrafrechts im Bereich der Steuern und des Zolls.
Inhaltsverzeichnis
Abgabenhinterziehung
Der Abgabenhinterziehung (§ 33 FinStrG) macht sich schuldig, wer vorsätzlich seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen verletzt und dadurch Abgaben verkürzt. „Vorsätzlich“ bedeutet, dass die/der Täter/in die Abgaben verkürzen will oder sich zumindest damit abfindet. Abgaben sind dann verkürzt, wenn sie zu Unrecht zu niedrig oder gar nicht festgesetzt werden.
Beispiel
- Ein Unternehmer setzt private Ausgaben als Betriebsausgaben ab (z.B. Urlaubsreise als Dienstreise). Auch wenn er nicht die Absicht hat, Steuern zu verkürzen, sondern es nur ernstlich für möglich hält, dass dies nicht richtig ist und trotzdem so vorgeht, handelt er vorsätzlich und macht sich nach § 33 Abs 1 FinStrG strafbar.
Grob fahrlässige Abgabenverkürzung
Auch grob fahrlässig begangene Abgabenverkürzungen (§ 34 FinStrG) sind strafbar. Grob fahrlässig handelt, wer ungewöhnlich sorgfaltswidrig handelt.
Beispiel
- Ein Unternehmer führt seine Buchhaltung dermaßen schlampig, dass er versehentlich private Ausgaben als betrieblich veranlasst geltend macht.
Zolldelikte
Schmuggel
Schmuggel (§ 35 Abs 1 FinStrG) begeht, wer vorsätzlich Waren, für die Eingangsabgaben zu entrichten wären, vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union verbringt. Wer diese Tat grob fahrlässig begeht, macht sich der Verzollungsumgehung schuldig.
Beispiel
- Ein Flugreisender nimmt Waren im Wert von mehr als 430 Euro aus einem Nicht-EU-Staat mit und meldet diese nicht beim Zoll an.
Wer einen Schmuggel unter Mitführung einer Waffe begeht, wobei es ihr/ihm darauf ankommt, mit dieser Waffe den Widerstand einer Person zu überwinden, macht sich des Finanzvergehens des Schmuggels unter Gewaltanwendung (§ 38a Abs 1 lit b FinStrG) schuldig.
Hinterziehung von Eingangsabgaben
Wer vorsätzlich eine wahrheitswidrige Zollanmeldung abgibt, die zu einer zu niedrigen Festsetzung oder zu einer Nichtfestsetzung der Abgaben führt, macht sich der Hinterziehung von Eingangsabgaben (§ 35 Abs 2 FinStrG) schuldig und wird hierfür bestraft werden.
Beispiel
- Bei einer Paketsendung wird, um Geld zu sparen, ein Warenwert von 160 Euro angegeben, obwohl die Ware einen Wert von 300 Euro hat.
Wird dieses Delikt grob fahrlässig begangen, liegt eine ebenfalls strafbare grob fahrlässige Verkürzung von Eingangsabgaben (§ 36 Abs 2 FinStrG) vor.
Abgabenhehlerei
Wegen Abgabenhehlerei (§ 37 FinStrG) macht sich strafbar, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig Waren, bei denen eines der oben genannten Zolldelikte begangen wurde (z.B. geschmuggelte Zigaretten), kauft, an sich bringt oder damit handelt.
Tabakmonopol
Des Weiteren macht sich strafbar, wer vorsätzlich (§ 44 FinStrG) oder grob fahrlässig (§ 45 FinStrG) in die Rechte des Tabakmonopols eingreift.
Das Delikt der verbotenen Herstellung von Tabakwaren (§ 43 FinStrG) verwirklicht, wer im Steuergebiet gewerblich ohne Bewilligung Tabakwaren herstellt. Dieses Finanzvergehen ist auch bei fahrlässiger Begehung strafbar. Auch Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen zur verbotenen Herstellung von Tabakwaren sind strafbar, allerdings nur bei Vorliegen von Vorsatz.
Beispiel
- Illegale Herstellung von Zigaretten
Bargeldverkehr
Der Verletzung von Verpflichtungen im Bargeldverkehr (§ 48b FinStrG) macht sich schuldig, wer bei der zollamtlichen Überwachung des Bargeldverkehrs vorsätzlich oder fahrlässig Barmittel im Wert von 10.000 Euro oder mehr nicht anmeldet oder sonst unrichtige oder unvollständige Angaben macht.
Strafbestimmungen in anderen Gesetzen
Weitere Strafbestimmungen finden sich unter anderem im Außenwirtschaftsgesetz, Alkoholsteuergesetz, Marktordnungsgesetz und Tabakmonopolgesetz.
Besonders schwerwiegende Delikte im Finanz- und Zollbereich
Bandenmäßige Tatbegehung
Besonders schwer bestraft wird die bandenmäßige Begehung eines Finanz- oder Zolldelikts (§ 38a Abs 1 lit a FinStrG). Das liegt vor, wenn ein Schmuggel, eine Abgabenhinterziehung oder eine Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben als Mitglied einer Bande von mindestens drei Personen begangen wird. Eine Bande liegt dann vor, wenn sich die beteiligten Personen mit der Absicht zusammengeschlossen haben, ein Finanzvergehen zu begehen.
Abgabenbetrug
Des Finanzverbrechens des Abgabenbetrugs (§ 39 FinStrG) macht sich schuldig, wer eine durch das Gericht zu ahndende Abgabenhinterziehung, einen Schmuggel oder eine Abgabenhehlerei und zusätzlich ein Urkundendelikt (Verwendung falscher oder gefälschter Urkunden, Daten oder anderer solcher Beweismittel) begeht, Scheingeschäfte oder andere Scheinhandlungen verwendet oder zu Unrecht Vorsteuerbeträge geltend macht, denen keine Lieferung oder sonstige Leistung zugrunde liegt. Abgabenbetrug liegt auch dann vor, wenn durch Gestaltung oder Einsatz von Spezialsoftware Daten von Grundaufzeichnungen manipuliert wurden und dies zur Verkürzung von Abgaben geführt hat.
Beispiele
-
Der Abgabepflichtige macht private Aufwendungen unter Zugrundelegung einer gefälschten Rechnung betrieblich geltend.
-
Der Abgabepflichtige lässt sich Scheinrechnungen über tatsächlich nicht stattgefundene Leistungen ausstellen und verwendet diese zur Geltendmachung von Vorsteuern.
Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug
Wer vorsätzlich ein grenzüberschreitendes Betrugssystem, in welchem Lieferungen oder sonstige Leistungen ganz oder zum Teil ausgeführt oder vorgetäuscht werden schafft oder sich daran beteiligt, indem er zum Beispiel falsche Umsatzsteuererklärungen vorlegt und der Einnahmenausfall an Umsatzsteuer im Gemeinschaftsgebiet insgesamt mindestens 10 Millionen Euro beträgt, macht sich eines grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrugs (§ 40 FinStrG) schuldig.
Beispiel
- Mehrere Unternehmer aus Österreich, Deutschland und Italien ziehen mittels fingierter Warenlieferungen und gefälschten Rechnungen ein sogenanntes „Umsatzsteuerkarussell“ auf. Durch die Auszahlung unrechtmäßig geltend gemachter Vorsteuern entsteht in den drei Ländern insgesamt ein Schaden von 13 Millionen Euro.
Finanzordnungswidrigkeiten
Finanzordnungswidrigkeiten sind grundsätzlich weniger schwerwiegende Vergehen, können jedoch auch empfindliche Strafen nach sich ziehen.
Werden Umsatzsteuervorauszahlungen oder andere Selbstbemessungsabgaben (wie zum Beispiel Normverbrauchsabgabe (NoVA), Lohnsteuer) vorsätzlich nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit bezahlt oder zumindest bekanntgegeben, liegt eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 FinStrG vor.
Wer bestimmte Verpflichtungen im Zusammenhang mit Abgaben, Zoll oder dem Tabakmonopol verletzt, die nicht den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens erfüllen, begeht eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 FinStrG. Darunter fallen etwa die Pflicht zur Abgabe von Abgabenerklärungen und Anmeldungen, die Pflicht zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen für Unternehmer, die Pflicht zur Einrichtung technischer Sicherheitsvorkehrungen (z.B. Registrierkassen) sowie die Ausstellung und Aufbewahrung von Belegen. Außerdem begeht eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51a FinStrG, wer durch die Programmgestaltung bzw. den Einsatz spezieller Software abgaben- oder monopolrechtlich zu führende Bücher, Aufzeichnungen und Aufzeichnungssysteme manipuliert.
Beispiele
- Ein Unternehmer leistet über einen bestimmten Zeitraum weder Umsatzsteuervorauszahlungen, noch reicht er Umsatzsteuervoranmeldungen ein, weil er meint, er könne so Buchhaltungskosten sparen und es genüge, wenn er seine Umsätze und Vorsteuern mit einer Jahressteuererklärung dem Finanzamt Österreich bekannt gibt.
- Ein Abgabepflichtiger reicht seine Einkommensteuererklärung zum wiederholten Male nicht beim Finanzamt Österreich ein, weil sein Gewinn seines Erachtens ohnedies weit unter der Steuerfreigrenze liegt.
- Ein steuerlich erfasster Selbstständiger will sich die Mühe einer Steuererklärung nicht machen und geht davon aus, dass das Finanzamt die Abgaben ohnedies richtig schätzen wird.
- Organe der Abgabenbehörde stellen fest, dass ein zur Führung einer Registrierkasse verpflichteter Unternehmer ein nicht den einschlägigen steuerlichen Bestimmungen entsprechendes Gerät verwendet.
Gemäß § 51 Abs 1 lit g FinStrG ist auch die Verletzung eines abgabenrechtlichen Verbots zur Leistung oder Entgegennahme von Barzahlungen (z.B. für Bauleistungen) strafbar.
Meldepflichtverletzungen als Finanzordnungswidrigkeiten
In den §§ 49a bis 49e FinStrG sind eine Reihe von Meldepflichtverletzungen als Finanzordnungswidrigkeiten sanktioniert.
Einer Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49a FinStrG macht sich schuldig, wer vorsätzlich die Schenkungsmeldung gemäß § 121a BAO nicht vornimmt oder die Mitteilungsverpflichtung nach § 109b EStG verletzt.
Wer die Verpflichtung zur Übermittlung des länderbezogenen Berichts gemäß § 8 Abs 1 des VPDG verletzt, begeht eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49b FinStrG.
Einer Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49c FinStrG macht sich schuldig, wer die Pflicht nach den Bestimmungen des 2. Teils des EU-MPfG nicht nachkommt.
Verletzt man die Pflichten gemäß § 18 Abs 11 oder 12 UStG, macht man sich einer Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49d FinStrG schuldig.
Ab 1. Jänner 2024 werden mit § 49e FinStrG Verstöße gegen die Verpflichtungen aus dem CESOP-Umsetzungsgesetz 2023, welche in § 18a UStG geregelt sein werden, sanktioniert.