Produktpirateriebericht 2024 zeigt: Fälschungen betreffen mittlerweile fast alle Produktkategorien Zoll beschlagnahmte gefälschte Waren im Original-Wert von über 38 Millionen Euro

Im Jahr 2024 hat der Zoll in Österreich 6.327 Fälle von Produktpiraterie aufgedeckt und daraus resultierend 9.974 Verfahren eingeleitet. Das ist gemessen am Originalpreis der zweithöchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen. Darüber hinaus wurden 378.109 gefälschte und andere illegale Medikamente aus dem Verkehr gezogen. Während früher vor allem Bekleidung, Taschen und Schuhe gefälscht wurden, betreffen die Fälschungen heute verschiedene Geräte des täglichen Bedarfs, Medikamente, Schmuck oder auch Autoteile.

Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl: „Marken- und Produktpiraterie fügt den heimischen Händlern und Herstellern einen erheblichen Schaden zu. Alleine letztes Jahr haben unsere Zöllnerinnen und Zöllner insgesamt rund 129.000 gefälschte Artikel mit einem Gesamtwert der Originalwaren von mehr als 38 Millionen Euro beschlagnahmt. Der Schutz des geistigen Eigentums ist ein Grundpfeiler unserer österreichischen Innovationskraft und Wirtschaftsstärke – zwei Faktoren, die insbesondere in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten essenziell für unseren Standort sind. Zudem kann durch minderwertig gefälschte Waren, insbesondere im Medikamentenbereich, die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten gefährdet werden. Ich danke daher allen Zöllnerinnen und Zöllnern für ihr professionelles Engagement.“

Die Bedeutung des Kampfes gegen Produktpiraterie unterstreichen auch aktuelle Zahlen: Schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige schaffen in Österreich 29,8 % aller Arbeitsplätze, das sind mehr als 1,2 Millionen Beschäftigte. 44,2 % des BIP entfallen auf diese Wirtschaftsbereiche. Nach Studien der OECD und des Amtes der EU für geistiges Eigentum steigen die Produktfälschungen weiter und somit auch der Schmuggel solcher Produkte.

Zollexperte Bernhard Herics warnt vor der Bestellung von gefälschten Artikeln, die vermeintliche Schnäppchen sind: „Minderwertige und gefälschte Waren können aufgrund minderer Qualität und schädlicher Materialien gesundheitsgefährdend oder sogar lebensgefährlich sein und gleichzeitig auch eine Bedrohung für die Umwelt darstellen. Dem Zoll obliegt die wichtige Aufgabe, die Einfuhr von Produkten, bei denen ein Fälschungsverdacht besteht, zu stoppen. Jedes Jahr kommen unzählige neue Produkte dazu, die gefälscht werden, zum Beispiel Waschmittel. Der Zoll bleibt deshalb stets wachsam und am Puls der Zeit.“

Produktfälschungen bedrohen Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten

Verbraucherinnen und Verbraucher können durch Produktfälschungen getäuscht werden und sind mitunter Gefahren für ihre Gesundheit und ihre Sicherheit ausgesetzt. 97 % der erfassten gefährlichen gefälschten Waren wurden als Produkte eingestuft, von denen ein schwerwiegendes Risiko ausgeht. Die Ursachen der ermittelten Gefahren reichten von schlecht konstruierten Produkten, der Verwendung von minderwertigen Materialien und Komponenten bis hin zum fehlenden Verständnis von Vorschriften oder Sicherheitsmechanismen.

Schwerpunktkontrollen des Zolls zeigen Wirkung

Die Erfolge des Zolls sind vor allem auf regelmäßige Schwerpunktkontrollen im Postverkehr mit Fokus auf den Internethandel sowie auf verstärkte Kontrollen am Flughafen Wien zurückzuführen. Die meisten Aufgriffe betreffen Bekleidung, Schuhe, Taschen und Schmuck, aber auch Mobiltelefone inkl. Zubehör sowie Spielzeug. Die in Österreich aufgegriffenen Plagiate wurden hauptsächlich aus dem asiatischen Raum versendet und dürften zum Großteil auch dort hergestellt worden sein.

Internetbestellungen von Medikamentenfälschungen weiter auf dem Vormarsch

Nach wie vor besorgniserregend sind Medikamentenfälschungen und illegale Medikamente, die entgegen dem Verbot nach dem Arzneiwareneinfuhrgesetz durch Privatpersonen im Fernabsatz (z.B. über das Internet) bestellt oder eingeschmuggelt werden. Gefälschte und illegale Medikamente verursachen nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden für die Pharmawirtschaft, sondern stellen auch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar, da sie häufig nicht gemäß den einschlägigen Rezepturen zubereitet werden und möglicherweise gefährliche Inhaltsstoffe enthalten.

Im Jahr 2024 wurden in Österreich 7.147 Sendungen mit insgesamt 378.109 gefälschten und anderen illegalen Medikamenten beschlagnahmt. Das ist ein Anstieg an Aufgriffen gegenüber dem Jahr 2023 von 6 %, wobei die Zahl der Medikamente zurückging.

Außergewöhnliche Produktpiraterie-Aufgriffe

Ende Mai 2024 konnten die Zöllnerinnen und Zöllner am Flughafen Wien innerhalb von einer Woche gleich zweimal gefälschte Markenprodukte aus dem Verkehr ziehen. Bei der Kontrolle einer Flugfrachtsendung am 21. Mai 2024 wurden die Bediensteten des Zollamts Österreich auf eine Sendung aus China aufmerksam. In den insgesamt 29 Kartons konnten 443 Stück Autozubehör, 73 Stück Haartrockner, 2.531 Stück Handycover sowie 2.502 Stück Rad-Logos verschiedener Automarken sichergestellt werden. Die Sendung wurde sichergestellt und die Rechteinhaber verständigt.

Ein zweiter Großaufgriff gelang am 27. Mai 2024 mit der Entdeckung von 382 Stück vermutlich gefälschten Markenprodukten in einer Sendung aus den USA. Die Sendung wurde aufgrund eines Treffers bei der Risikoanalyse einer genauen Zollkontrolle unterzogen. Unter den aufgegriffenen Waren befanden sich 4 Stück iPhones, 54 Stück Notebooks, 81 Paar Ohrhörer, 16 Stück SAT-Receiver, 33 Stück Smartwatches, 188 Stück Tablet-PCs, 4 Stück Verpackungsmaterial sowie 2 Stück Zubehör. Die Sendung wurde sichergestellt und die Markeninhaber informiert.

Am 9. Juli 2024 wurde in Hall in Tirol ein Container einer Zollkontrolle unterzogen. Im Zuge internationaler Zusammenarbeit wurden fast 600 Kartons überprüft, dabei konnten über 36.000 Stück an gefälschten Schuhen, Sport-Trikots und diverser anderer Bekleidungsstücke beschlagnahmt und anschließend vernichtet werden. Die Waren sollten mit dem Zug von der Türkei kommend nach Frankreich gesendet werden.

Bei einer weiteren risikobasierten Sonderkontrolle im Zolllager des Flughafens Wien wurden drei Sendungen von Bangkok nach Wien kontrolliert. Die Inhalte der Pakete mit einem Gesamtgewicht von 3,3 Tonnen bestanden überwiegend aus Produktpiraterie-Waren. Dabei wurden 13.608 gefälschte Artikel wie Schuhe, Sonnenbrillen, Handtaschen und diverse andere Bekleidung, die 54 verschiedene Rechteinhaber betrafen, beschlagnahmt und aus dem Verkehr gezogen. Die Sendungen sollten nach einem Zwischenaufenthalt in Wien nach London versendet werden.

Im September 2024 wurde im Wiener Hafen bei einer Sonderkontrolle ein Container mit Waschmitteln kontrolliert. Die Sendung kam aus der Türkei und war für einen Großhändler in Deutschland bestimmt. Im Zuge der Kontrolle kam der Verdacht auf, dass es sich um Markenfälschungen handeln könnte und zur Klärung wurde daher mit den Markeninhabern Kontakt aufgenommen, die den Verdacht bestätigten. Der größte Teil der Sendung (21 Paletten mit einem Gewicht von ca. 16.300 kg) wurde nach Einleitung eines Verfahrens unter zollamtlicher Überwachung vernichtet. Für den geringeren Teil der Sendung hat sich der Rechteinhaber entschieden, zivilrechtlich auf Basis des Markenrechts gegen den Importeur in Deutschland vorzugehen. Damit sollte sichergestellt werden, dass diese Produkte nicht auf dem Markt verkauft werden können.

Dieser Produktpiraterieaufgriff war in der Tat eine Besonderheit, da er sich aufgrund der Art der Produkte von den typischen Fälschungen, wie z.B. Handtaschen, Schuhen, Bekleidung oder Uhren, unterscheidet. Die Verwendung gefälschter Waschmittel ist jedoch bedenklich, da nicht auszuschließen ist, dass sie auch umweltschädliche oder gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten. Dies kann durchaus schwerwiegende Folgen haben, da Kleidung direkt auf der Haut getragen wird. Dieser Fall verdeutlicht, dass alle Warengruppen die gewinnbringend verkauft werden können, potentielle Ziele der Produktpiraterie sind.

Fotos: https://flic.kr/s/aHBqjC7J2s