Unterjährige Änderung des § 19 Abs 1 UStG idF AbgÄG 2022 Beantwortung einer Anfrage der KSW vom 25.10.2022
1. Betreffend die Geltendmachung von Vorsteuern wäre eine Klarstellung begrüßenswert, dass ein Wahlrecht besteht, wonach entweder die gesamten Vorsteuern des Kalenderjahres im Veranlagungswege geltend gemacht werden können oder Vorsteuern im 1. HJ (bzw. in einem mindestens 3-monatigen Zeitraum zwischen Jänner und Juni 2022) im Erstattungsweg und alle übrigen Vorsteuern im Veranlagungsweg geltend gemacht werden können.
2. Auch betreffend die Versteuerung der Ausgangsumsätze wäre ein Wahlrecht zu begrüßen, ob die betreffenden Vermietungsumsätze im gesamten Veranlagungszeitraum mit Ausweis und Abfuhr von Umsatzsteuer erfolgen oder ob im 1. HJ das Reverse Charge Verfahren angewendet wird und erst im 2. HJ die Umsätze wieder vom Vermieter versteuert werden.
Betreffend die Geltendmachung von Vorsteuern wäre eine Klarstellung begrüßenswert, dass ein Wahlrecht besteht, wonach entweder die gesamten Vorsteuern des Kalenderjahres im Veranlagungswege geltend gemacht werden können oder Vorsteuern im 1. HJ (bzw. in einem mindestens 3-monatigen Zeitraum zwischen Jänner und Juni 2022) im Erstattungsweg und alle übrigen Vorsteuern im Veranlagungsweg geltend gemacht werden können.
Dass ein solches Wahlrecht möglich ist, wurde schon im Umsatzsteuerprotokoll über den Salzburger Steuerdialog 2010, BMF-010219/0247-VI/4/2020 festgehalten. Hier wurde folgendes ausgeführt: „Erstattungsfälle und Veranlagungsfälle sind zeitlich gesehen nacheinander, jedoch nicht nebeneinander möglich. Durch veranlagungspflichtige Umsätze wird daher aus einem bisherigen "Erstattungsfall" - bezogen auf den ganzen Veranlagungszeitraum - rückwirkend ein "Veranlagungsfall". Ist das normale Besteuerungsverfahren durchzuführen, sind Vorsteuern, die bereits im Erstattungsverfahren erstattet worden sind, nicht zu berücksichtigen.“ Auch Haller in SWK 26/2022, 1033 sieht darin ein De-facto-Wahlrecht, durch das laufende unterjährige Verfahrenswechsel unterbleiben können. Ebenso Ruppe/Achatz, UStG5, § 21 Tz 60.
Auch betreffend die Versteuerung der Ausgangsumsätze wäre ein Wahlrecht zu begrüßen, ob die betreffenden Vermietungsumsätze im gesamten Veranlagungszeitraum mit Ausweis und Abfuhr von Umsatzsteuer erfolgen oder ob im 1. HJ das Reverse Charge Verfahren angewendet wird und erst im 2. HJ die Umsätze wieder vom Vermieter versteuert werden. Hier würde meines Erachtens eine entsprechende Anpassung in den UStR genügen, da auch die Vorgehensweise bis 31. Dezember 2021 ausschließlich auf der Sonderregelung für Grundstücksvermieter gem. Rz 2601b UStR beruht hat. Klargestellt könnte dabei auch werden, dass eine Versteuerung der Umsätze im 1. HJ durch den ausländischen Vermieter die Anwendung der Vorsteuererstattung für diesen Zeitraum ausschließt.
Wichtig wäre hier wohl eine pragmatische Regelung durch die Finanzverwaltung dergestalt, dass von Säumniszuschlägen und ähnlichen Folgen abgesehen wird (wäre wahrscheinlich auch gesetzlich regelbar) sofern dem Finanzamt nachgewiesen werden kann, dass über das gesamte Umsatzsteuerjahr betrachtet, es zu keiner Verkürzung gekommen ist.
Mit dem Abgabenänderungsgesetzes 2022 wurde § 19 Abs 1 zweiter Satz UStG 1994 angepasst (BGBl I Nr. 108/2022, Kundmachung 19.07.2022). Dadurch kommt es im Wesentlichen bei der Vermietung von Grundstücken durch Unternehmer, die im Inland weder ihr Unternehmen betreiben noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte haben, an andere Unternehmer, ab 20. Juli 2022 nicht zum Übergang der Steuerschuld.
Rechtliche Folgen für das Jahr 2022:
Vermietet ein Unternehmer mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in einem EU- Mitgliedstaat (oder in einem Drittland) ein im Inland gelegenes Geschäftslokal an einen anderen Unternehmer, so kommt es durch die gesetzliche Neuerung durch das AbgÄG 2022 bis zum Abrechnungszeitraum Juni 2022 (vgl. UStR 2000 Rz 2619) zum Übergang der Steuerschuld (in diesem Zeitraum zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wird gemäß § 11 Abs 12 UStG 1994 geschuldet); ab Abrechnungszeitraum Juli schuldet der steuerpflichtig vermietende Unternehmer die Umsatzsteuer.
Gemäß § 20 Abs 1 UStG 1994 ist daher für das gesamte Jahr 2022 das Veranlagungsverfahren anzuwenden.
Wurden vom vermietenden Unternehmer bis zum Abrechnungszeitraum Juni für mindestens 3 Monate (§ 2 der Verordnung, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl Nr. 279/1995 idgF) Vorsteuern bereits geltend gemacht, so sind die bereits erstatteten Vorsteuerbeträge gem. § 4 Abs 1 der zitierten Verordnung bei der Veranlagung nicht zu berücksichtigen. Ist dies nicht der Fall, können sämtliche Vorsteuern gemäß § 20 Abs 2 Z 1 UStG 1994 im Veranlagungsverfahren geltend gemacht werden.