FAQs zum Mindestbesteuerungsgesetz (Teil 1) Anfragebeantwortung vom 14.06.2024

I. Allgemeines zum FAQ-Prozess zum Mindestbesteuerungsgesetz:

Das MinBestG basiert auf der EU-Richtlinie 2022/2523 (nachfolgend: GloBE-RL). Die Richtlinie orientiert sich eng an Inhalt und Struktur der von der OECD veröffentlichten GloBE-Mustervorschriften (nachfolgend GloBE-MV).

Bei der Auslegung und Anwendung des MinBestG sind der im Rahmen des OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS erarbeitete Kommentar zu den GloBE-MV (nachfolgend GloBE-Kommentar) sowie die in diesem Gremium akkordierten Verwaltungsleitlinien zu berücksichtigen. Im Zuge des Gesetzgebungsprozesses wurden der GloBE-Kommentar in seiner ersten Fassung aus dem Jahr 2022 sowie die bis dahin veröffentlichten Verwaltungsleitlinien berücksichtigt, nicht jedoch die im Dezember 2023 veröffentlichten Verwaltungsleitlinien. Diese wurden zwischenzeitlich in den im April 2024 veröffentlichten konsolidierten GloBE-Kommentar eingearbeitet (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS).

Seitens der Finanzverwaltung werden spätere vom OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS angenommene Verwaltungsleitlinien bzw. Fassungen des Kommentars bei der Auslegung des MinBestG herangezogen, um ein international einheitliches Verständnis zur Auslegung und Anwendung der Regelungen über die globale Mindestbesteuerung zu gewährleisten, soweit diese mit der GloBE-RL und den Regelungen des MinBestG im Einklang stehen.

Die in dieser Fachinformation veröffentlichten Antworten des BMF zu den von der KSW übermittelten Fragen geben lediglich die derzeitige Rechtsansicht des BMF wieder und stehen daher unter dem Vorbehalt einer anderslautenden Auslegung der GloBE-Vorschriften (GloBE-MV, GloBE-Kommentar und Verwaltungsleitlinien) durch das OECD/G20 Inclusive Framework.

Nachfolgend werden unter Punkt II. Fragen der KSW und Antworten des BMF zum Mindestbesteuerungsgesetz zu folgenden Themenbereichen veröffentlicht:

  1. Anwendungsbereich (§§ 2 bis 4 MinBestG)
  2. Safe-Harbours (§§ 52 bis 57 MinBestG)
  3. Übergangsbestimmungen und Inkrafttreten (§§ 80, 81 und 84 MinBestG)

 

II. Fragen und Antworten zum Mindestbesteuerungsgesetz

  1. Anwendungsbereich (§§ 2 bis 4 MinBestG)

Frage 1.1: Welche prozentuelle Schwelle ist mindestens zu erreichen, um die Definition der Non-Profit-Organisation iSd § 2 Z 11 lit. b MinBestG zu erfüllen?

Um als Non-Profit-Organisation zu gelten, müssen gemäß § 2 Z 11 lit. b MinBestGim Wesentlichen […] sämtliche Erträge“ von der Ertragsteuer befreit sein. Entsprechend der GloBE-RL bzw. den GloBE-MV regelt das MinBestG jedoch nicht, ab welcher konkreten Prozentgrenze diese Voraussetzung erfüllt ist. Auch die Gesetzesmaterialien sowie der GloBE-RL-Kommentar enthalten zu dieser Bestimmung keine Aussage zu einem konkreten Prozentsatz.

Im MinBestG finden sich in Umsetzung der GloBE-RL bzw. der GloBE-MV mehrere ähnliche Bestimmungen zu einer quantitativ unbestimmten Höhe wie z.B.nahezu ausschließlich“, „fast ausschließlich“, „überwiegend“, „im Wesentlichen“, „im Wesentlichen alle oder sämtliche“ oder „im Wesentlichen vollständig“, die keinen konkreten Prozentsatz beinhalten.
Ebenso wenig legen die von der EU Kommission veröffentlichten FAQs zur Umsetzung von Pillar 2 im Hinblick auf die Wortfolgen „nahezu bzw. fast ausschließlich“ und „im Wesentlichen alleiZm der Definition einer ausgenommenen Einheit eine konkrete Prozentgrenze fest, sondern verweisen auf die Bedeutung des GloBE-Kommentars bei dieser Frage (vgl. European Commission, Frequently Asked Questions on Pillar 2 Directive, Chapter 1, Question 4 on Article 2, Seite 6).

Die Definition des Begriffs „Non‑Profit-OrganisationiSd § 2 Z 11 MinBestG basiert laut GloBE-Kommentar auf Buchstabe h der Definition des Begriffs „aktiver NFE“ (Active Non-Financial Entity) in Abschnitt VIII (Begriffsbestimmungen) des Standards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen. Diese Definition wurde in Österreich in § 95 Z 8 Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz umgesetzt. Wie im Common Reporting Standard werden in derselben Bestimmung im GMSG andere Arten der „aktiven Non-Financial-Entity“ definiert. In § 95 Z 4 GMSG ist geregelt, dass der Ausdruck „aktiver NFE“ auch eine NFE umfasst, welche bestimmte Tätigkeiten ausführt. Rechtsträger gelten nach § 95 Z 4 GMSG als aktive NFE, wenn „im Wesentlichen alle Tätigkeiten“ der NFE in den dieser Bestimmung aufgelisteten Tätigkeiten bestehen.

Da der Begriff der Non‑Profit-Organisation entsprechend dem GloBE-Kommentar auf der Definition des Standards für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen beruht, erscheint es nach Ansicht des BMF naheliegend, bei der Interpretation von „im Wesentlichen (…) sämtliche“ in § 2 Z 11 lit. b MinBestG auf dasselbe Begriffsverständnis wie für die Interpretation von „im Wesentlichen allen TätigkeiteniSd § 95 Abs. 4 GMSG abzustellen. Insofern wäre hier nach Ansicht des BMF vorbehaltlich einer anderslautenden Auslegung der GloBE-MV durch das OECD/G20 Inclusive Framework OECD wie für Zwecke des § 95 Abs. 4 GMSG eine Prozentschwelle von mindestens 80 Prozent maßgeblich (vgl. (2017), Standard for Automatic Exchange of Financial Account Information in Tax Matters, Second Edition, Abschnitt VIII Rz 130; Richtlinien zum Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, Rz 80). Ein Abstellen auf jene Prozentschwellen, die etwa für Zwecke anderer innerstaatlicher ertragsteuerlicher Bestimmungen herangezogen werden, erscheint nach Ansicht des BMF hingegen nicht überzeugend.

 

Frage 1.2: Was ist unter „Nebentätigkeiten“ iSd § 4 Abs. 1 Z 7 lit. a TS 2 und iSd § 2 Z 34 MinBestG zu verstehen?

Einheiten, die unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 Prozent im Eigentum einer oder mehrerer ausgenommener Einheiten nach § 4 Abs. 1 Z 1 bis Z 6 MinBestG stehen und für die jeweiligen Anteilseigner nahezu ausschließlich Vermögenswerte halten, Gelder veranlagen oder Nebentätigkeiten ausführen, gelten als ausgenommene Einheiten. Auch die Definition der Pensionsfonds-Dienstleistungseinheit stellt auf Nebentätigkeiten zu den unter § 2 Z 33 lit. a MinBestG genannten regulierten Tätigkeiten ab (§ 2 Z 34 MinBestG). Die GloBE-MV sprechen in der deutschen Fassung von Tätigkeiten, „die die von der bzw. den [ausgenommenen] Einheit(en) ausgeübten Tätigkeiten ergänzen“ (Art. 1.5.2 OECD-MR).

Beispielhaft nennt der GloBE-Kommentar ein von einer ausgenommenen Einheit aufgesetztes IT-Unternehmen, das ausschließlich für die ausgenommene Einheit Dienstleistungen erbringt (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBERules (2023), Art. 1 Rz 54). Ähnlich ist auch das Beispiel zur Pensionsfonds-Dienstleistungseinheit im GloBE-Kommentar: Hier erbringt eine Einheit Beratungstätigkeiten an ihre Muttergesellschaft, die als Fondsmanagerin eines Pensionsfonds fungiert. Auch die Beratungseinheit erbringt erfasste Nebentätigkeiten (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Art. 10.1 Rz 94). Auch die Gesetzesmaterialien nennen als Nebentätigkeiten einer Pensionsfonds-Dienstleistungseinheit beispielsweise das Erbringen von Beratungs- oder Rechercheleistungen für das Fondsmanagement (vgl. ErlRV 2322 BlgNR XXVII. GP, 17).

Nach Ansicht des BMF handelt es sich bei Nebentätigkeiten iSd § 4 Abs. 1 Z 7 lit. a TS 2 und iSd § 2 Z 34 MinBestG nicht nur um Hilfstätigkeiten, sondern auch um solche Tätigkeiten, die grundsätzlich auch im Rahmen eines unabhängigen Unternehmens erbracht werden können (wie IT-Dienstleistungen oder Beratungstätigkeiten), solange sie nahezu ausschließlich für die ausgenommene Einheit bzw. den Pensionsfonds erbracht werden.

 

Frage 1.3: Wie ist eine österreichische Bau-ARGE einzustufen? Handelt es sich um eine eigene Geschäftseinheit, eine transparente Einheit, ein Joint Venture oder erfolgt keine separate Erfassung für Zwecke des MinBestG?

Die gesonderte Erfassung eines Rechtsgebildes im MinBestG setzt voraus, dass es sich bei diesem um eine Geschäftseinheit iSd § 2 Z 2 MinBestG oder – vorgelagert – um eine Einheit iSd § 2 Z 1 MinBestG handelt. § 2 Z 2 MinBestG definiert die Geschäftseinheit als eine Einheit, die Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe oder einer großen inländischen Gruppe ist (lit. a), oder eine Betriebstätte eines Stammhauses, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist (lit. b).

Bei der ARGE handelt es sich um eine gemäß § 1175 Abs. 2 ABGB nicht rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese kann weder ins Firmenbuch eingetragen werden noch Unternehmereigenschaft erlangen. Da § 189 Abs. 1 Z 2 UGB nur auf „eingetragene“ Personengesellschaften anwendbar ist und § 189 Abs. 1 Z 3 UGB mangels Unternehmereigenschaft zu keiner Rechnungslegungspflicht führt, haben (auch kapitalistische) GesBRs – wie z.B. ARGEs in der Bauwirtschaft – keinen eigenen Abschluss zu erstellen. Zumal es sich bei GesBRs auch nicht um juristische Personen handelt, erfüllt die ARGE somit grundsätzlich nicht die Voraussetzungen einer Einheit iSd § 2 Z 1 MinBestG.

Sollte die ARGE jedoch freiwillig einen Abschluss erstellen, wäre diese entsprechend Art. 3 Abs. 1 GloBE-RL bzw. Art. 10.1 GloBE-MV als Einheit zu qualifizieren; dies soll auch mit der Anpassung des § 2 Z 1 im AbgÄG 2024 klargestellt werden. Diesfalls könnte eine ARGE auch als Geschäftseinheit iSd § 2 Z 2 lit. a MinBestG, als transparente Einheit iSd § 2 Z 12 MinBestG oder als Joint Venture iSd § 61 Abs. 5 MinBestG angesehen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 2 Z 2 lit. a oder Z 12 MinBestG oder des § 61 Abs. 5 MinBestG erfüllt sind. In diesen Fällen würde die ARGE als solche in den Anwendungsbereich des MinBestG fallen.

§ 2 Z 13 MinBestG bestimmt weiters den Begriff „Betriebsstätte“. Handelt es sich um eine inländische ARGE, kann mangels grenzüberschreitenden Sachverhalts keine Betriebsstätte vorliegen. Insofern kann es sich bei einer inländischen ARGE nicht um eine Geschäftseinheit iSd § 2 Z 2 lit. b MinBestG handeln.

 

  1. Safe-Harbours (§§ 52 bis 57 MinBestG)

Frage 2.1: Kann der gemäß § 52 Abs. 2 MinBestG zu stellende Antrag auf Anwendung einer Safe-Harbour-Regelung abgeändert werden?

Gemäß § 52 Abs. 2 MinBestG erfolgt die Anwendung von Safe-Harbour-Regelungen auf Antrag. Dabei ist zu beachten, dass für ein Steuerhoheitsgebiet jeweils nur eine Safe-Harbour-Regelung in Anspruch genommen werden kann. Eine Unternehmensgruppe, die in den Anwendungsbereich von mehr als einer Safe-Harbour-Regelung fällt, kann wählen, welche der Regelungen für das jeweilige Steuerhoheitsgebiet angewendet werden soll.

Entsprechend der GloBE-RL bzw. den GloBE-MV enthält das MinBestG keine näheren Vorgaben zur nachträglichen Änderung von Anträgen auf Anwendung einer Safe-Harbour-Regelung.

Eine analoge Anwendung von § 39 Abs. 4 EStG hinsichtlich der nachträglichen Ausübung oder Abänderung von Anträgen im MinBestG ist nicht möglich, weil es sich beim Verfahren betreffend die Mindeststeuer um ein anderes Verfahren als das Veranlagungsverfahren für die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer handelt.

Aus heutiger Sicht sind keine international akkordierten Aussagen zur nachträglichen Änderung von im Mindeststeuerbericht ausgeübten Wahlrechten absehbar.

 

Frage 2.2: Welche Funktion hat § 52 Abs. 3 MinBestG?

§ 52 Abs. 3 MinBestG ist in Umsetzung von Art. 8.2.2. GloBE-MV ergangen (vgl. auch § 76 deutsches Mindeststeuergesetz). Nationale Abgabenbehörden können ihre gewöhnlichen Bewertungs-, Ermittlungs- und Prüfverfahren anwenden, um zu beurteilen, ob ein allfälliger GloBE-Safe-Harbour im Einklang mit den Kriterien der GloBE-MV angewandt wurde, und die Angemessenheit der zugrundeliegenden Daten prüfen (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Art. 8.2.2 Rz 34). In diesem Fall soll Art. 8.2.2 den nationalen Abgabenbehörden einen spezifischen Rahmen bieten, um der Inanspruchnahme des GloBE-Safe-Harbours dort zu widersprechen, wo bestimmte Tatsachen gegen die Anspruchsberechtigung der Geschäftseinheiten sprechen könnten.

Ermittlungen hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des GloBE-Safe-Harbours vorliegen, obliegen der Abgabenbehörde daher nach nationalem Abgabenverfahrensrecht.

Hinsichtlich des konkreten Anwendungsbereiches und der Bedeutung dieser Bestimmung stellen sich allerdings noch Fragen, die international abgestimmt vom Inclusive Framework zu beantworten sind. Daher kann erst zu einem späteren Zeitpunkt – nach dem Vorliegen von Verwaltungsleitlinien zu Art. 8.2.2. GloBE-MV – eine ausführlichere Beantwortung dieser Frage erfolgen.

 

Frage 2.3: Müssen nicht realisierte Nettogewinne (iSd § 55 Abs. 3 Z 2 MinBestG) iZm Beteiligungen an anderen Geschäftseinheiten zwingend Teil des Mindeststeuer-Nettogewinnes/-verlustes iSd § 55 Abs. 1 Z 1 lit. b, Z 2 lit. b und Z 3 lit. a MinBestG sein?

Die vereinfachte Berechnung des Mindeststeuer-Nettogewinns oder -verlusts für Zwecke des temporären CbCR-Safe-Harbours hat gemäß § 55 Abs. 1 iVm Abs. 3 MinBestG auf der Grundlage des im qualifizierten länderbezogenen Bericht auszuweisenden Vorsteuergewinns (-verlusts) zu erfolgen. Die Erfassung nicht realisierter Gewinne aus Beteiligungsbewertungen im Mindeststeuer-Gewinn oder -verlust hängt daher davon ab, ob Beteiligungsbewertungen in der qualifizierten Finanzberichterstattung vorgenommen werden, die für die Erstellung des qualifizierten länderbezogenes Berichtes herangezogen wird.

Werden zB für den qualifizierten länderbezogenen Bericht gemäß § 55 Abs. 3 Z 1 lit. a MinBestG Finanzkonten (Reporting Packages) herangezogen und besteht nach dem maßgeblichen Rechnungslegungsstandard keine Verpflichtung oder Notwendigkeit, für Zwecke dieser Finanzkonten eine Bewertung der Beteiligungen an anderen Geschäftseinheiten vorzunehmen, kann diese Datengrundlage auch ohne Anpassungen in die vereinfachte Berechnung des Mindeststeuer-Nettogewinns oder -verlusts einfließen.

Sofern allerdings in den Finanzkonten, die zur Erstellung des Konzernabschlusses der obersten Muttergesellschaft verwendet werden, eine Bewertung der Beteiligungen an anderen Geschäftseinheiten vorgenommen wurde, fließt diese auch in die vereinfachte Berechnung des Mindeststeuer-Nettogewinns oder -verlusts ein. Eine Neutralisierung des Mindeststeuer-Nettogewinns oder -verlusts um nicht realisierte Nettogewinne aus der Bewertung von Beteiligungen zum beizulegenden Zeitwert ist gesetzlich nicht vorgesehen. § 55 Abs. 1 MinBestG sieht lediglich eine Erhöhung um einen nicht realisierten Nettoverlust aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert vor.

 

Frage 2.4: Handelt es sich bei geleisteten Anzahlungen auf Sachanlagevermögen und (Sach-)Anlagen in Bau um Sachanlagen iSd § 48 Abs. 6 Z 1 MinBestG, sodass eine Berücksichtigung für Zwecke des Routinegewinn-Tests (§ 52 Abs. 1 Z 2 lit. b MinBestG) möglich ist?

Ja, sofern es sich nach dem maßgebenden Rechnungslegungsstandard um Sachanlagen handelt.

 

Frage 2.5: Auf Basis welcher Datengrundlage ist der Substanzfreibetrag für Zwecke des § 52 Abs. 1 Z 2 lit. c MinBestG zu ermitteln?  

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 lit. c MinBestG ist für Zwecke der Safe-Harbour-Regelungen der Routinegewinn-Test erfüllt, wenn der für das Safe-Harbour-Steuerhoheitsgebiet ermittelte Mindeststeuer-Nettogewinn gleich oder geringer ist als der Substanzfreibetrag gemäß § 48 MinBestG . Aus Gründen der Einheitlichkeit der verwendeten Datengrundlage für Zwecke der Durchführung der Safe-Harbour-Berechnungen beim temporären CbCR-Safe-Harbour ist es nach Ansicht des BMF geboten, als Ausgangsbasis für die Berechnung des Substanzfreibetrages im Rahmen des Routinegewinn-Tests als einheitliche Datengrundlage für sämtliche Geschäftseinheiten mit Ausnahme unwesentlicher Geschäftseinheiten und Betriebsstätten jene qualifizierte Finanzberichterstattung (iSd § 55 Abs. 3 Z 1 MinBestG ) heranzuziehen, die auch für die vereinfachte Berechnung des Mindeststeuer-Nettogewinns verwendet wird (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 1. Transitional CbCR Safe Harbour, Rz 75). Denn nach dem GloBE-Kommentar sollen sämtliche Daten, die für die Safe-Harbour-Berechnungen verwendet werden, einschließlich des Buchwerts der materiellen Vermögenswerte, aus derselben qualifizierten Finanzberichterstattung stammen, die als Grundlage für den qualifizierten länderbezogenen Bericht herangezogen wird (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 1. Transitional CbCR Safe Harbour, Rz 68).

 

Frage 2.6: Handelt es sich bei einem länderbezogenen Bericht (CbCR ), der für das Wirtschaftsjahr erstellt wird, für das auch der Konzernabschluss aufgestellt wird, (auch dann) um einen qualifizierten länderbezogenen Bericht iSd § 55 Abs. 3 Z 1 MinBestG, wenn der Stichtag, für den die oberste Muttergesellschaft ihren Einzelabschluss aufstellt, von jenem, für den der Konzernabschluss aufgestellt wird, abweicht?

Für Zwecke des temporären CbCR Safe-Harbours iSd § 55 MinBestG ist auf einen qualifizierten länderbezogenen Bericht (§ 55 Abs. 3 Z 1 MinBestG ) abzustellen. Es ist daher auch geboten, den Begriff „Abschlussstichtag“ bzw. „Wirtschaftsjahr“ für einen länderbezogenen Bericht iSd MinBestG zu interpretieren. Gemäß § 2 Z 7 MinBestG wird als „Geschäftsjahr“ der Rechnungslegungszeitraum bezeichnet, für den die oberste Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe ihren Konzernabschluss erstellt oder, wenn die oberste Muttergesellschaft keinen Konzernabschluss erstellt, das Kalenderjahr. Aufgrund dieser Definition ist für Zwecke des MinBestG grundsätzlich auf das Geschäftsjahr des Konzernabschlusses abzustellen, unabhängig davon, welches Geschäftsjahr für den Einzelabschluss der obersten Muttergesellschaft herangezogen wird. Auch § 55 Abs. 1 MinBestG verweist auf Geschäftsjahre, weshalb auch für Zwecke dieser Bestimmung idR auf „Geschäftsjahre“ iSd des Begriffsverständnisses gemäß § 2 Z 7 MinBestG abzustellen ist.

Es ist jedoch für Zwecke des temporären CbCR Safe-Harbours auch auf die jeweils relevante CbCR-Vorschrift abzustellen (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 1. Transitional CbCR Safe Harbour, Rz 74). Relevante CbCR-Vorschrift ist grundsätzlich die Regelung im Steuerhoheitsgebiet der obersten Muttergesellschaft oder im Steuerhoheitsgebiet der vertretenden Muttergesellschaft, wenn der länderbezogene Bericht nicht im Steuerhoheitsgebiet der obersten Muttergesellschaft erstellt wird. Wenn eine multinationale Unternehmensgruppe in keinem Steuerhoheitsgebiet einer relevanten CbCR-Vorschrift unterliegt, gilt der OECD BEPS Action 13 Final Report und die dazugehörige Guidance on the Implementation of Country-by-Country Reporting als relevante CbCR-Vorschrift. Sofern also eine relevante CbCR-Vorschrift die Heranziehung eines anderen Geschäftsjahres – als das des Konzernabschlusses – vorschreibt, wäre dieses für die Anwendung des temporären CbCR-Safe-Harbours maßgeblich.

 

Frage 2.7: In welchem Umfang sind die Verwaltungsleitlinien des OECD/G20 Inclusive Framework vom Dezember 2023 bei der Auslegung des MinBestG heranzuziehen?

Siehe zu dieser Frage Punkt I. (Allgemeines zum FAQ-Prozess zum Mindestbesteuerungsgesetz)

 

Frage 2.8: Was ist unter dem NES-Verwaltungsstandard iSd § 53 Abs. 1 Z 3 MinBestG zu verstehen? Wonach können sich Unternehmensgruppen in der Beurteilung dieses Standards richten? Ist die Berufung auf diesbezügliche Veröffentlichungen des OECD/G20 Inclusive Framework ausreichend?

Der Prozess zur Bestimmung jener Steuerhoheitsgebiete, die eine nationale Ergänzungssteuer umgesetzt haben, die den Anforderungen des NES-Safe-Harbour entspricht, wird derzeit im Rahmen des OECD/G20 Inclusive Framework abgestimmt (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 3. QDMTT Safe Harbour, Rz 52).

Sofern Steuerhoheitsgebiete hinsichtlich ihrer nationalen Ergänzungssteuern vom OECD/G20 Inclusive Framework für Zwecke des QDMTT -Safe-Harbours den sog.qualified status“ erlangen sollten, beabsichtigt das BMF, dieser Sichtweise für Zwecke der Anwendung des NES-Safe-Harbour gemäß § 53 MinBestG zu folgen und eine entsprechende Länderliste, z.B. in der FINDOK, zu veröffentlichen.

 

Frage 2.9: Kann der Safe Harbour nach Inanspruchnahme der vereinfachten Berechnung für unwesentliche Geschäftseinheiten gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 iVm § 54 MinBestG auch für ein Steuerhoheitsgebiet angewendet werden, in dem neben unwesentlichen auch reguläre Geschäftseinheiten ansässig sind?

Ja, die vereinfachte Berechnung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 iVm § 54 MinBestG kann auch für ein Steuerhoheitsgebiet angewendet werden, in dem nicht ausschließlich unwesentliche Geschäftseinheiten gelegen sind. In diesem Fall sind für die nicht unwesentlichen Geschäftseinheiten die regulären Berechnungen iSd Abschnitte 3-5 MinBestG anzustellen. In die Safe-Harbour-Tests gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 MinBestG fließen dann diese Daten für die regulären Geschäftseinheiten und die Daten nach vereinfachten Berechnungen gemäß § 54 MinBestG für die unwesentlichen Geschäftseinheiten ein (vgl. ErläutRV 2322 BlgNR 27. GP 100 f; OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 2. Permanent Safe Harbour, Rz 34 ff). Wird nach dieser Berechnung einer der Safe-Harbour-Tests des § 52 Abs. 1 Z 2 MinBestG erfüllt, gilt der Safe-Harbour für sämtliche Geschäftseinheiten des Steuerhoheitsgebiets (ausgenommen es greifen Sondervorschriften wie z.B. für Joint Ventures).

 

Frage 2.10: Kann der Safe Harbour nach Inanspruchnahme der vereinfachten Berechnung für unwesentliche Geschäftseinheiten gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 iVm § 54 MinBestG für jede unwesentliche Geschäftseinheit einzeln ausgeübt werden oder verlangt § 54 MinBestG eine einheitliche Ausübung für sämtliche unwesentliche Geschäftseinheiten in einem Steuerhoheitsgebiet?

Die vereinfachte Berechnung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 iVm § 54 MinBestG kann auf Antrag für jede unwesentliche Geschäftseinheit einzeln ausgeübt werden. Wird das Wahlrecht zur vereinfachten Berechnung für einzelne unwesentliche Geschäftseinheiten ausgeübt, für andere unwesentliche Geschäftseinheiten jedoch nicht, sind für letztere die regulären Berechnungen iSd Abschnitte 3-5 MinBestG anzustellen. In die Safe-Harbour-Tests gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 MinBestG fließen dann für letztere Geschäftseinheiten diese Daten und die Daten nach der vereinfachten Berechnung gemäß § 54 MinBestG für die unwesentlichen Geschäftseinheiten ein, für die das Wahlrecht ausgeübt wurde (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 2. Permanent Safe Harbour, Rz 34 ff).

 

Frage 2.11: Welche Daten fließen für unwesentliche Geschäftseinheiten in die Berechnung des materielle Vermögenswerte betreffenden Teiles des Substanzfreibetrags für Zwecke des Routinegewinn-Tests gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 lit. c MinBestG ein?

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 lit. c MinBestG ist für Zwecke der Safe-Harbour-Regelungen der Routinegewinn-Test erfüllt, wenn der für das Safe-Harbour-Steuerhoheitsgebiet ermittelte Mindeststeuer-Nettogewinn gleich oder geringer ist als der Substanzfreibetrag gemäß § 48 MinBestG. Für unwesentliche Geschäftseinheiten ist es nach Ansicht des BMF zulässig, bei der Ermittlung des Substanzfreibetrages beim Routinegewinn-Test jene Buchwerte heranzuziehen, die sich aus der Datengrundlage der unwesentlichen Geschäftseinheiten ergeben, die zulässigerweise für die Safe-Harbour-Berechnungen verwendet wird. Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Datengrundlage für die dem qualifizierten länderbezogenen Bericht zugrundeliegende Datengrundlage gilt für unwesentliche Geschäftseinheiten nicht (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 1. Transitional CbCR Safe Harbour, Rz 75). Für Zwecke des Routinegewinn-Tests im Rahmen des temporären CbCR-Safe-Harbours sind daher etwa bei unwesentlichen Geschäftseinheiten die Buchwerte materieller Vermögenswerte auf der Grundlage ihrer Einzelabschlüsse zu ermitteln, die gemäß § 55 Abs. 3 Z 1 lit. c MinBestG für die Erstellung des länderbezogenen Berichts verwendet werden.

 

Frage 2.12: Damit ein Jahresabschluss als qualifizierte Finanzberichterstattung iSd § 55 MinBestG gilt, muss er gemäß § 55 Abs. 3 lit. b MinBestG entweder nach einem anerkannten oder einem zugelassenen Rechnungslegungsstandard erstellt werden, und dabei „die in diesen Abschlüssen enthaltenen Informationen [müssen] auf der Grundlage dieses Rechnungslegungsstandards fortgeführt werden“. Wann wird diese Voraussetzung erfüllt?

Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn in allen Jahre des Übergangszeitraums für den temporären CbCR-Safe-Harbour derselbe Rechnungslegungsstandard angewendet wird.

 

Frage 2.13: Manche Unternehmensgruppen, die in den Anwendungsbereich des MinBestG fallen, erfüllen dennoch nicht die Voraussetzungen des VPDG zur Erstellung eines länderbezogenen Berichts. Das betrifft insbesondere große inländische Gruppen. Für diese wurde in § 55 Abs. 2 MinBestG eine Sonderregelung getroffen: die Daten für Zwecke des Safe Harbours nach vereinfachten Berechnungen anhand eines länderbezogenen Berichts dürfen unmittelbar der qualifizierten Finanzberichterstattung entnommen werden. Kann diese Regelung auch analog auf multinationale Unternehmensgruppen angewandt werden, die aus anderen Gründen keinen länderbezogenen Bericht erstellen müssen?

Ja, neben großen inländischen Gruppen können auch multinationale Unternehmensgruppen, die ebenso keinen länderbezogenen Bericht erstellen, aus Gleichbehandlungsgründen die vereinfachten Berechnungen für Zwecke des Safe-Harbours unmittelbar auf der Grundlage ihrer qualifizierten Finanzberichterstattung durchführen (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 1. Transitional CbCR Safe Harbour, Rz 84 f). § 55 Abs. 2 MinBestG soll mit dem AbgÄG 2024 entsprechend angepasst werden.

 

Frage 2.14: Gemäß § 55 Abs. 4 Z 5 MinBestG ist ein Steuerhoheitsgebiet von der Anwendung des temporären CbCR-Safe Harbours (Vereinfachte Berechnung anhand eines länderbezogenen Berichts) ausgeschlossen, wenn in einem vergangenen Geschäftsjahr die Voraussetzungen dieses Safe Harbours nicht erfüllt wurden oder dieser nicht beantragt wurde. Gilt das auch dann, wenn in dem vergangenen Geschäftsjahr stattdessen für dieses Steuerhoheitsgebiet der SES-Safe Harbour gemäß § 52 Abs. 1 Z 3 iVm § 57 MinBestG zur Anwendung gebracht und daher aus diesem Grund für das Steuerhoheitsgebiet noch keine volle GloBE-Berechnung angestellt wurde?

Gemäß § 52 Abs. 2 MinBestG erfolgt die Anwendung von Safe-Harbour-Regelungen auf Antrag. Dabei ist zu beachten, dass für ein Steuerhoheitsgebiet jeweils nur eine Safe-Harbour-Regelung in Anspruch genommen werden kann. Eine Unternehmensgruppe, die in den Anwendungsbereich von mehr als einer Safe-Harbour-Regelung fällt, kann wählen, welche der Regelungen für das jeweilige Steuerhoheitsgebiet angewendet werden soll. Erfüllt die Unternehmensgruppe im betreffenden Geschäftsjahr die Voraussetzungen sowohl für den temporären CbCR-Safe-Harbour als auch für den temporären SES-Safe-Harbour, müsste sie den temporären CbCR-Safe-Harbour statt des SES-Safe-Harbours beantragen, um in nachfolgenden Geschäftsjahren aufgrund der „once out, always out“-Regel gemäß § 55 Abs. 4 Z 5 MinBestG nicht von der Inanspruchnahme des temporären CbCR-Safe-Harbour ausgeschlossen zu sein (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 4. Transitional UTPR Safe Harbour, Rz 7).

Die Unternehmensgruppe ist daher in Bezug auf ein bestimmtes Steuerhoheitsgebiet von der Anwendung des temporären CbCR-Safe-Harbours ausgeschlossen, wenn in einem vergangenen Geschäftsjahr die Voraussetzungen dieses Safe-Harbours nicht erfüllt wurden oder dieser nicht beantragt wurde und zwar auch dann, wenn im vergangenen Geschäftsjahr der SES-Safe-Harbour angewendet wurde.

 

Frage 2.15: Wie sind bei der gemäß § 54 Z 2 MinBestG vereinfachten Berechnung für unwesentliche Geschäftseinheiten „die im länderbezogenen Bericht auszuweisenden für dieses Geschäftsjahr gezahlten und rückgestellten Ertragsteuern“ zu ermitteln?

Sind die Ertragsteuern gemäß § 54 Z 2 MinBestG auch um Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen für unsichere Steuerpositionen zu bereinigen?

Gemäß § 54 Z 2 MinBestG entsprechen bei den vereinfachten Berechnungen für unwesentliche Geschäftseinheiten die angepassten erfassten Steuern den im länderbezogenen Bericht auszuweisenden für dieses Geschäftsjahr gezahlten und rückgestellten Ertragsteuern. Nicht darunter fallen Erträge oder Aufwendungen aus der Bildung oder Auflösung aktiver und passiver latenter Steuern, Aufwendungen aus der Bildung von Rückstellungen für unsichere Steuerpositionen sowie sonstige periodenfremde Steueraufwands- oder Steuerertragspositionen. Die Definition des MinBestG ist somit deckungsgleich mit der Position „Noch zu zahlende Ertragsteuer (laufendes Jahr)“ bzw.Income Tax Accrued – Current Year“ lt Spalte 7 der Anlage 1 zum VPDG, wie sie gemäß VPR 2021, Rz 466 und Rz 467 sowie den OECD-Leitlinien zur Umsetzung der länderbezogenen Berichterstattung (2022) Abschn. 2.4.1 definiert ist.

Daher ist für Zwecke des § 54 Z 2 MinBestG wie auch für Zwecke des CbCR der laufende Steueraufwand maßgeblich, der latente Steuern, periodenfremde Steuern und unsichere Steuerpositionen nicht mitumfasst (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 2. Permanent Safe Harbours, Rz 39). Es sind folglich sämtliche Steuereffekte aus der Bildung oder Auflösung von Rückstellungen für unsichere Steuerpositionen bei der vereinfachten Berechnung der angepassten erfassten Steuern gemäß § 54 Z 2 MinBestG unbeachtlich. Eine entsprechende Klarstellung soll im Rahmen des AbgÄG 2024 erfolgen.

 

Frage 2.16: Welche Anforderungen bestehen an eine qualifizierte Finanzberichterstattung von Betriebsstätten als Basis für den Safe Harbour Test gemäß § 55 Abs. 1 MinBestG?

Sofern für eine Betriebsstätte gemäß § 2 Z 13 MinBestG kein eigener Abschluss bzw. keine eigene Finanzberichterstattung vorliegt, kann für Zwecke der Safe-Harbour-Tests gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 iVm § 55 Abs. 1 MinBestG die vereinfachte Berechnung des der Betriebsstätte zuzuordnenden Mindeststeuer-Umsatzerlöses und Mindeststeuer-Gewinnes z.B. auf der Grundlage der steuerlichen Ergebnisabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte erfolgen (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Annex A, 1. Transitional CbCR Safe Harbour, Rz 86).

 

  1. Übergangsregelungen und Inkrafttreten (§§ 80, 81 und 84 MinBestG )

Frage 3.1: In den Finanzkonten oder Abschlüssen welchen Jahres muss die „nachweisliche Erfassung oder Offenlegung“ iSd § 80 Abs. 1 Satz MinBestG erfolgen?

In zeitlicher Hinsicht kommt es nach dem Wortlaut des § 80 MinBestG auf die Finanzkonten oder Abschüsse "für das Übergangsjahr" an. Dabei sind jene latenten Steuern zu berücksichtigen, die bereits zu Beginn des Übergangsjahres nachweislich erfasst oder offengelegt wurden (vgl. OECD, Consolidated Commentary to the GloBE Rules (2023), Art. 9.1.1 Rz 5 und 6.4). IdR wird daher die nachweisliche Erfassung oder die Offenlegung des Anfangsstandes der latenten Steuern zu Beginn des Übergangsjahres anhand jener Finanzkonten oder Abschüsse erfolgen, die auf den Bilanzstichtag aufgestellt werden, der unmittelbar vor dem Übergangsjahr liegt (z.B. der Abschluss zum 31.12.2023 bei einem per 1.1.2024 beginnenden Übergangsjahr). Es ist angesichts des Wortlauts ("für das Übergangsjahr") in Ausnahmefällen jedoch auch möglich, für den Nachweis oder die Offenlegung des Anfangsstandes der latenten Steuern zu Beginn des Übergangsjahres (z.B. der Anfangsstand zum 1.1.2024) aus den Finanzkonten oder einem Abschluss auf einen Stichtag zum Ende des Übergangsjahres (z.B. Finanzkonten oder Abschlüsse zum Stichtag 31.12.2024) heranzuziehen.

 

Frage 3.2: Inwieweit wirkt sich die „Verschiebung des Übergangsjahres“ iSd § 80 Abs. 6 MinBestG auf den erforderlichen Zeitpunkt der Offenlegung iSd § 80 Abs. 1 MinBestG aus?

Verschiebt sich das Übergangsjahr für eine Steuerhoheitsgebiet aufgrund von § 80 Abs. 6 MinBestG (z.B. aufgrund der Inanspruchnahme des temporären CbCR-Safe-Harbours für das Steuerhoheitsgebiet), hat auch die „nachweisliche Erfassung oder Offenlegung“ iSd § 80 Abs. 1 MinBestG des Anfangsstandes der latenten Steuern zu Beginn dieses (späteren) Übergangsjahres zu erfolgen.

Bei Inanspruchnahme des temporären CbCR-Safe-Harbours bedeutet dies daher, dass eine „nachweisliche Erfassung oder Offenlegung“ gemäß § 80 Abs. 1 MinBestG anhand der Finanzkonten oder Abschlüsse zum Bilanzstichtag unmittelbar vor oder in Ausnahmefällen anhand der Finanzkonten oder Abschlüsse jenes Jahres, in dem der temporäre CbCR-Safe-Harbour erstmalig nicht mehr anwendbar ist, zu erfolgen hat. Siehe dazu bereits näher die Antwort zu Frage 3.1.

 

Frage 3.3: Wie müssen latente Steueransprüche und -schulden iSd § 80 Abs. 1 Satz 1 MinBestG nachweislich erfasst oder in einem Abschluss offengelegt“ werden?

Unter der „nachweislichen Erfassung“ versteht man die zahlenmäßige Abbildung von latenten Steueransprüchen oder -schulden in den Finanzkonten (z.B. Reporting Package) einer Geschäftseinheit. Als nachweislich erfasst gelten somit die in den Finanzkonten oder Abschlüssen bilanzierten latenten Steuern.

Einer „Offenlegung“ bedarf es nur bei jenen latenten Steueransprüchen und -schulden, die nicht bereits „nachweislich erfasst“ sind. Dies betrifft (etwa mangels Werthaltigkeit wertberichtigte) nicht bilanzierte latente Steuern (z.B. auf steuerliche Verlustvorträge). Die Offenlegung kann in einem Konzern- und/oder Einzelabschluss erfolgen. Dabei reicht es aus, wenn z.B. im Einklang mit IAS 12.81(e) „der Betrag (und, falls erforderlich, das Datum des Verfalls) der abzugsfähigen temporären Differenzen, der noch nicht genutzten steuerlichen Verluste und der noch nicht genutzten Steuergutschriften, für welche in der Bilanz kein latenter Steueranspruch angesetzt wurde“ offengelegt wird. Im Fall einer Offenlegung im Konzernabschluss ist daher auch die Offenlegung eines Gesamtbetrags (z.B. der Verlustvorträge) ausreichend, wenn die Aufteilung auf die einzelnen Gesellschaften ergänzenden (nachvollziehbaren) Unterlagen der Unternehmensgruppe entnommen werden.

 

Frage 3.4: Wie ist das Verhältnis von § 81 Abs. 3 und § 84 Abs. 3 Satz 2 MinBestG?

§ 81 Abs. 3 MinBestG regelt in zeitlicher Hinsicht den Beginn der SES-Befreiung multinationaler Unternehmensgruppen in der Anfangsphase ihrer internationalen Tätigkeit. Die Bestimmung setzt Art. 49 Abs. 4 erster und dritter Satz GloBE-RL um und legt damit den frühestmöglichen Zeitpunkt des Beginns der Anfangsphase zwingend mit 31.12.2024 fest.

§ 84 Abs. 3 zweiter Satz MinBestG setzt Art. 50 Abs. 2 GloBE-RL um und führt daher bereits für ab dem 31.12.2023 beginnende Geschäftsjahre zu einer zwingenden Anwendung der SES auf multinationale Unternehmensgruppen, deren oberste Muttergesellschaften in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegen sind, die die Option gemäß Art. 50 Abs. 1 GloBE-Richtlinie ausgeübt haben.

Zum allgemeinen Verhältnis zwischen Art. 49 und Art. 50 der GloBE-RL fand auch ein fachlicher Austausch der Mitgliedstaaten mit der Europäischen Kommission statt, wobei zu dieser Frage bislang von der Europäischen Kommission noch keine Antwort veröffentlicht wurde.

 

Frage 3.5: Gemäß § 84 Abs. 3 MinBestG unterliegen Unternehmensgruppen, deren oberste Muttergesellschaft in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegen ist, der die Option gemäß Art. 50 Abs. 1 der GloBE-Richtlinie ausgeübt hat, bereits für ab dem 31.12.2023 beginnende Wirtschaftsjahre der SES . Können solche Gruppen für den Zeitraum 31.12.2023 – 30.12.2024 vom temporären SES-Safe Harbour des § 57 Gebrauch machen?

Gemäß § 84 Abs. 3 MinBestG sind die Bestimmungen der SES gemäß §§ 12 und 13 erstmalig auf Geschäftsjahre anzuwenden, die ab dem 31.12.2024 beginnen. Im Sonderfall jener Unternehmensgruppen, deren oberste Muttergesellschaft in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegen ist, der die Option gemäß Art. 50 Abs. 1 der GloBE-Richtlinie ausgeübt hat, tritt die SES gemäß § 84 Abs. 3 2. Satz MinBestG jedoch bereits mit 31.12.2023 in Kraft.

Da gemäß § 57 MinBestG der temporäre SES-Safe-Harbour für Geschäftsjahre gilt, die am oder vor dem 31.12.2025 beginnen, aber vor dem 31.12.2026 enden, kann dieser von Unternehmensgruppen, deren oberste Muttergesellschaft in einem der Mitgliedstaaten gelegen ist, der die Option gem Art. 50 Abs. 1 der GloBE-RL ausgeübt hat, auch bereits für Geschäftsjahre ab dem 31.12.2023 angewendet werden.

Der SES-Safe-Harbour gilt jedoch lediglich für die SES in Bezug auf jene niedrig besteuerten Geschäftseinheiten, die auch im selben Steuerhoheitsgebiet wie die oberste Muttergesellschaft gelegen sind. Die Geltendmachung des SES-Safe-Harbour setzt einen Antrag für dieses Steuerhoheitsgebiet voraus (§ 52 Abs. 3 MinBestG).

 

Frage 3.6: Inwieweit wirken sich laufende Steuererträge, die im Anwendungszeitraum des MinBestG erfasst werden, allerdings in Vor-MinBestG-Zeiträumen erfasste laufende Steueraufwendungen betreffen, auf die angepassten erfassten Steuern und damit auf die Berechnung des Effektivsteuersatzes aus (bspw. Gutschriften aus der Bekämpfung einer Doppelbesteuerung iZm Verrechnungspreisanpassungen, die Vor-MinBestG-Zeiträumen betreffen, etc.)?

Gemäß § 45 Abs. 2 MinBestG sind laufende Steuererträge (z.B. Körperschaftsteuer-Gutschriften aufgrund einer Außenprüfung betreffend Veranlagungszeiträume vor Inkrafttreten des MinBestG) für ein vorangegangenes Geschäftsjahr als Verminderung der angepassten erfassten Steuern dieses vorangegangenen Geschäftsjahres zu erfassen, sofern eine nicht bloß unwesentliche Verminderung (Wahlrecht) vorliegt. Betrifft die Gutschrift daher Zeiträume vor Inkrafttreten des MinBestG, sind die entsprechenden Beträge nicht als Minderung der angepassten erfassten Steuern des laufenden Geschäftsjahres zu berücksichtigen. Ebenso unterbleibt mangels Anwendbarkeit des MinBestG eine Berücksichtigung in Vorjahren. Laufende Steuergutschriften, die sich auf Vor-MinBestG-Zeiträumen verbuchte, laufende Steueraufwendungen beziehen, haben daher keinen Einfluss auf die Berechnung des Effektivsteuersatzes.

Ein zusätzlicher, laufender Steueraufwand, der sich auf ein vorangegangenes Geschäftsjahr bezieht, ist entsprechend der Regelungen des § 45 allerdings als erfasste Steuer im laufenden Geschäftsjahr zu berücksichtigen.

Letzte Aktualisierung: 20. Juni 2024