"Kleiner Arbeitgeberzusammenschluss“ gemäß § 416 LAG Anfrage der LK vom 21.6.2024
Zusammenfassend wird um Beurteilung ersucht, ob ein kleiner Arbeitgeberzusammenschluss in Form einer GesbR, ohne jegliche Gewinnerzielungsabsicht, aber mit nachhaltigen Kostenbeiträgen von maximal fünf Mitgliedern aus dem örtlichen Nahebereich bereits als Unternehmer gem. § 2 UStG anzusehen ist, oder ob umsatzsteuerlich von einer nicht unternehmerischen Kostengemeinschaft - ähnlich wie im Bereich der freien Berufe - ausgegangen werden kann.
Mit dem Landarbeitsgesetz 2021 wurde eine Maßnahme aus dem Regierungsprogramm umgesetzt und die Grundlage für AGZ in der Land- und Forstwirtschaft eingeführt. Dabei handelt es sich um wichtiges arbeitsmarktpolitisches Instrument zur Schaffung von Vollzeitjobs und längerfristigen Beschäftigungsmöglichkeiten. Die neuen Rahmenbedingungen ermöglichen es, dass Arbeitnehmer:innen zum Beispiel im Winter im Wald, im Frühjahr und Sommer im Gemüsebau und im Herbst im Weinbau in unterschiedlichen Betrieben (bei kleinen AGZ innerhalb einer Gemeinde) eingesetzt werden können. Da Arbeitnehmer:innen dann ganzjährige „Vollzeitjobs“ mit nur einem Ansprechpartner haben (z.B. für Dienstzettel, Urlaubsplanung und Krankmeldung), wird die Land- und Forstwirtschaft auch für das heimische Arbeitskräftepotenzial attraktiver und sollen nachhaltige Jobs im ländlichen Raum entstehen.
Beispiel:
Drei Landwirte (gesetzliche Obergrenze: fünf Unternehmen) benötigen Arbeitskräfte, können aber aufgrund ihrer Betriebsgröße und/oder der saisonal und wetterbedingt unterschiedlich auf ihren jeweiligen Bauernhöfen anfallenden Arbeiten den oder die ins Auge gefassten Arbeitnehmer:innen nicht durchgehend beschäftigen. Um überhaupt Arbeitnehmer:innen zu bekommen und nicht bloß kaum nachgefragte befristete Teilzeitbeschäftigungen anbieten zu können, möchten sie die neuen Möglichkeiten nutzen und einen „kleinen Arbeitgeberzusammenschluss“ gründen. Interessierte Dienstnehmer erhalten somit ein attraktives Beschäftigungsangebot und müssen nicht drei gesonderte (wenig attraktive) Arbeitsverträge über befristete Teilzeitbeschäftigungen abschließen.
Für diese gemeinsame Beschäftigung im Rahmen eines AGZ ist gem. § 416 LAG eine GesbR erforderlich. Um Arbeitnehmer:innen vor Unklarheiten zu schützen und ihnen eine Ansprechperson zu bieten, sieht das Gesetz diesen gegenüber die Vertretung des AGZ durch ein Mitglied (in wesentlichen Fragen aus dem Arbeitsverhältnis) vor.
Diese GesbR (AGZ) tritt lediglich bei der Erfüllung der im Rahmen der gesetzlichen Meldeverpflichtungen vorgesehenen Handlungen gegenüber den Behörden im Außenverhältnis auf (Meldungen bei der Gesundheitskasse, allfällige Einholung von Beschäftigungsbewilligungen beim AMS). Wirtschaftlich betrachtet und in der praktischen Arbeit bleibt der einzelne Mitgliedbetrieb Arbeitgeber (vgl § 416 Abs. 5 LAG zur Weisungsbefugnis, § 420 LAG zum Arbeitnehmerschutz).
Die Kosten werden im Normalfall - abhängig von den jeweils auf den einzelnen Bauernhöfen geleisteten Arbeitstagen - anteilig von den einzelnen Mitgliedern getragen und die Aufteilung obliegt der internen Vereinbarung zwischen den AGZ-Mitgliedern.
Für die Auszahlung der Löhne, die Abfuhr der öffentlichen Abgaben, die Bezahlung der Lohnverrechnung usw.könnte das (von den Mitgliedern zu deckende) Bankkonto eines Mitglieds verwendet werden. Zur klaren Abgrenzung und aus Vereinfachungsgründen wird aber die Eröffnung eines gemeinsamen Bankkontos der GesbR vorteilhaft sein, auf das die anteiligen Kosten gem. Kostenverteilung von den einzelnen Mitgliedern überwiesen werden.
Für die Beurteilung dieses Vorganges ist Folgendes zu beachten: Bei der Schaffung des Instrumentes des „landwirtschaftlichen Arbeitgeberzusammenschlusses“ hat sich der Gesetzgeber zwar an einzelnen Bestimmungen der Regelungen zur Arbeitskräfteüberlassung orientiert (zumal sich aus der Sicht der Arbeitnehmer:innen teilweise ähnliche Probleme ergeben können). Die Beschäftigung von Arbeitnehmer:innen im Rahmen eines AGZ soll jedoch gerade keine Arbeitskräfteüberlassung sein (§ 415 Abs. 1 LAG).
Vielmehr soll den Betrieben eine - im Interesse aller Beteiligten gelegene – Möglichkeit zur Teilung der Ressource „menschliche Arbeitskraft“ eröffnet werden. Umsatzsteuerlich ist das durchaus mit Maschinengemeinschaften vergleichbar, in denen mehrere selbständige Betriebe gemeinsam Maschinen anschaffen, welche sie in weiterer Folge in ihren jeweiligen Betrieben einsetzen (vgl Salzburger Steuerdialog 2013 zu einer Rübenerntemaschinen-GesbR).
Unterschiede sind lediglich dort zu finden, wo im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Arbeitnehmer:innen Ordnungs- und Meldevorschriften bestehen bzw. der Schutz der Arbeitnehmer:innen dies erfordert. Die strikte Ausrichtung des kleinen AGZ nach innen kommt auch darin zum Ausdruck, dass AGZ-Arbeitnehmer:innen in keiner Weise außerhalb des AGZ zum Einsatz gelangen dürfen (§§ 416 Abs. 8 iVm 417 Abs. 4 LAG).
Nach den Umsatzsteuerrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen haben Kostengemeinschaften keine Unternehmereigenschaft nach UStG 1994, wenn sie bloß Vorleistungen und deren Kosten intern aufteilen (UStR 182). So ist beispielsweise auch bei ärztlichen Praxisgemeinschaften von Innengemeinschaften auszugehen, wenn diese nach außen hin nicht in Erscheinung treten. In den UStR (Rz 960 f) wird in diesem Zusammenhang die gemeinsame Beschäftigung von Arbeitnehmern gar als Merkmal einer Praxisgemeinschaft angeführt, jedoch darin kein für die bloße Kostengemeinschaft schädlicher Außenauftritt erblickt. Eben dieses entspricht sowohl der Realität der kleinen landwirtschaftlichen Arbeitgeberzusammenschlüsse als auch der gesetzgeberischen Zielvorstellung. Die gesetzlich angeordneten Meldeverpflichtungen gegenüber Sozialversicherung und Behörden vermögen an der dargelegten Qualität des AGZ als nicht nach außen auftretende „Kostengemeinschaft“ unseres Erachtens nichts zu ändern.
Zusammenfassend wird um Beurteilung ersucht, ob ein kleiner Arbeitgeberzusammenschluss in Form einer GesbR, ohne jegliche Gewinnerzielungsabsicht, aber mit nachhaltigen Kostenbeiträgen von maximal fünf Mitgliedern aus dem örtlichen Nahebereich bereits als Unternehmer gem. § 2 UStG anzusehen ist, oder ob umsatzsteuerlich von einer nicht unternehmerischen Kostengemeinschaft - ähnlich wie im Bereich der freien Berufe - ausgegangen werden kann.
Hintergrund für die Fragestellung ist der Umstand, dass der Großteil der luf Betriebe umsatzsteuerpauschaliert ist und somit das Hinzukommen von zusätzlich 20% Umsatzsteuer (ausgenommen Kleinunternehmer) zu den Lohn- und Lohnnebenkosten ein ganz wesentlich verteuernder Kostenfaktor wäre, wodurch kaum AGZ zwischen bäuerlichen Familienbetrieben zustande kommen würden. Die gesetzgeberischen Zielsetzungen könnten durch eine Umsatzsteuerbelastung der Aufwendungen für die eigenen Arbeitnehmer:innen natürlich nicht erreicht werden.
Beantwortung:
Gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Nach dem dieser Bestimmung zugrundeliegenden Art. 9 Abs. 1 RL 2006/112/EG (MwSt-RL) gilt als „Steuerpflichtiger“ (Unternehmer), wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt. Als „wirtschaftliche Tätigkeit“ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere auch die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.
Auch eine Personenmehrheit ist als Unternehmer in Sinne des § 2 Abs. 1 UStG zu sehen, wenn sie im eigenen Namen nach außen (Dritten gegenüber) in Erscheinung tritt und eine gewerbliche und berufliche Tätigkeit entfaltet (vgl VwGH 25.5.2016, 2013/15/0244). Personenvereinigungen, die im eigenen Namen Waren oder Dienstleistungen beziehen und diese ihren Mitgliedern tatsächlich weiterreichen (sogenannte Kostengemeinschaften), sind Unternehmer. Voraussetzung ist jedoch, dass dem einzelnen Mitglied gegenüber die Vereinigung als solche auftritt und Leistungen im Leistungsaustausch erbringt und nicht bloß Gemeinschaftsaufgaben erfüllt. Keine Unternehmereigenschaft liegt hingegen vor, wenn die Gemeinschaft nicht nach außen in Erscheinung tritt, sondern lediglich dem rationellen Bezug von Vorleistungen dient und deren Kosten intern aufgeteilt werden (vgl VwGH 3.5.1968, 724/67, 11.12.1985, 84/13/0110; 3.7.2003, 99/15/0190).
Der AGZ stellt Arbeitskräfte ausschließlich Mitgliedsbetrieben zur Verfügung, dh der AGZ wird nur gegenüber seinen eigenen Mitgliedern tätig. Allerdings tritt der AGZ nach außen insoweit auf, als es zur Erfüllung seiner Arbeitgeberfunktionen erforderlich ist bspw. Erfüllung von Ordnungs- und Meldevorschriften, Auszahlung der Löhne, allfällige Einholung einer Beschäftigungsbewilligung beim Arbeitsmarktservice, Meldung bei der Gesundheitskasse.
Der AGZ ist aber auch gewerblich oder beruflich tätig. Als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen zu verstehen (§ 2 UStG). Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nachhaltig ausgeübt, wenn sie auf Dauer zur Erzielung von Einnahmen angelegt ist. Auch die MwSt-RL stellt mit der Bezugnahme auf wirtschaftliche Tätigkeiten im Resultat auf nachhaltige, einnahmenorientierte Tätigkeiten ab.
Es ist von einer nachhaltigen Tätigkeit auszugehen, da der AGZ seine Tätigkeit - die Überlassung seiner Arbeitnehmer an seine Mitglieder - über einen längeren Zeitraum ausübt.
Die Einnahmenerzielungsabsicht ist Voraussetzung für das Vorliegen der Unternehmereigenschaft, Gewinnerzielungsabsicht ist hingegen nicht erforderlich. Dies entspricht auch Art. 9 MwSt-RL, nach der es nicht darauf ankommt, zu welchem Zweck der Steuerpflichtige (Unternehmer) seine Tätigkeit entfalten. Einnahmenerzielung liegt vor, wenn die Tätigkeit gegen Entgelt ausgeübt wird.
Vom AGZ werden die Kosten für die Vergütung der Arbeitnehmer (inkl. Lohnnebenkosten und Sozialabgaben) an die Mitglieder, denen der Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt wird, weiterverrechnet. Das Mitglied hat die Kosten des Arbeitnehmers im Ausmaß der Beschäftigung in seinem Betrieb zu tragen. Damit stellen die weiterverrechneten Kosten Einnahmen des AGZ dar, sodass der AGZ mit der Überlassung seiner Arbeitnehmer an seine Mitglieder eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ausübt.
Auch der Umstand, dass der AGZ lediglich kostendeckend tätig wird, und nicht auf Gewinn gerichtet ist, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, zumal aus der Formulierung im § 2 Abs. 1 UStG „auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen fehlt“ klar hervorgeht, dass der Unternehmerbegriff weder einen tatsächlichen Gewinn noch eine Absicht der Gewinnerzielung voraussetzt und dies auch Art. 9 MwSt-RL entspricht.