Steuersatz bei Milch und Milcherzeugnissen Anfrage der WKO vom 2.2.2024
Es wird um Rückmeldung zu folgender Rechtsauffassung ersucht:
Für Milch und Milcherzeugnisse, welche aufgrund ihrer Zusätze unter die Kombinierte Nomenklatur 2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99 fallen und keine Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Kaffee, Tee oder Mate erhalten, kommt ein ermäßigter Umsatzsteuersatz zur Anwendung.
Europarechtliche Grundlagen
Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (idF MwStSyst-RL) sieht im Grundsatz vor, dass die Mitgliedstaaten für die Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen einen Normalsteuersatz anwenden. Abweichend von diesem Grundsatz können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze für die im Anhang III der MwStSyst-RL genannten Waren und Dienstleistungen in ihrem nationalen Mehrwertsteuerrecht vorsehen. Zweck der ermäßigten Steuersätze ist es, die Kosten für bestimmte, als unentbehrlich erachtete Waren bzw. Dienstleistungen zu senken und somit dem Endverbraucher, der die Mehrwertsteuer letztlich entrichten muss, den Zugang zu ihnen zu erleichtern. Hierbei haben die Mitgliedstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum und können die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf konkrete und spezifische Aspekte einer Kategorie einschränken. Diese selektive Anwendung des ermäßigten Steuersatzes wird dadurch gerechtfertigt, dass es sich bei der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes um eine Ausnahmebestimmung handelt, welche wiederum eng auszulegen ist. Bei der Ausübung des Ermessenspielraums im Hinblick auf die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes müssen die Mitgliedstaaten jedoch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten. Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgeht, verbietet es dieser Grundsatz insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander im Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln und muss daher auf solche Waren oder Dienstleistungen ein einheitlicher Steuersatz angewendet werden. Im Anhang III der MwStSyst-RL sind unter der Ziffer 1 „Nahrungs- und Futtermittel (einschließlich Getränke, alkoholische Getränke jedoch ausgenommen), lebende Tiere, Saatgut, Pflanzen und üblicherweise für die Zubereitung von Nahrungs- und Futtermitteln verwendete Zutaten sowie üblicherweise als Zusatz oder als Ersatz für Nahrungs- und Futtermittel verwendete Erzeugnisse“ angeführt. Gemäß Art. 98 Abs. 4 der MwStSyst-RL können die Mitgliedstaaten zur Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen ermäßigten Steuersätze die Kategorien anhand der Kombinierten Nomenklatur genau abgrenzen. Die Anknüpfung an die zollrechtlichen Vorschriften der Kombinierten Nomenklatur für die Anwendung der ermäßigten Steuersätze ist somit aus unionsrechtlicher Sicht nicht zwingend, sondern steht im Ermessen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten.
Nationale Grundlagen
Österreich hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, für bestimmte im Anhang III Ziffer 1 der MwStSyst-RL genannte Waren einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz vorzusehen. Gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 UStG unterliegen Lieferungen von der in der Anlage 1 aufgezählten Gegenstände einem ermäßigten Steuersatz von 10 Prozent. Die in der Anlage 1 aufgelisteten Gegenstände knüpfen bei der Zuordnung der Gegenstände, mit Ausnahme der Z 34 (Arzneimittel), an die Einordnung des Produkts in die Kombinierte Nomenklatur an. Das heißt, nur dann, wenn die entsprechende Ware einer Zolltarifnummer zugeordnet werden kann, welche in der Anlage 1 zum Umsatzsteuergesetz genannt ist (ausgenommen Arzneimittel), kommt der ermäßigte Steuersatz zur Anwendung. Maßgebend für die Einreihung von Waren in den Zolltarif sind laut UStR Rz 1168 der Wortlaut der Positionen bzw. Unterpositionen und die Anmerkungen zu den Abschnitten, nicht die Überschriften. Generell sind Milch und Milcherzeugnisse in der Anlage 1 zum UStG unter folgenden Ziffern angeführt und es kommt somit der ermäßigte Steuersatz von 10 Prozent für diese Produkte zur Anwendung:
Z 4 der Anlage 1: Milch und Milcherzeugnisse; Vogeleier; natürlicher Honig; genießbare Waren tierischen Ursprungs, anderweit weder genannt noch inbegriffen (Kapitel 4 der Kombinierten Nomenklatur).
Z 23 der Anlage 1: Milch und Milcherzeugnisse der Positionen 0401, 0402, 0403 und 0404, mit Zusätzen, ausgenommen Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Kaffee, Tee oder Mate und von Zubereitungen auf der Grundlage dieser Waren (aus Unterpositionen 2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99 der Kombinierten Nomenklatur).
Im gegenständlichen Fall fallen Milch und Milcherzeugnisse der Positionen 0401, 0402, 0403 und 0404, mit Zusätzen, unter die Zolltarifnummern 2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99. Daher kommt die Z 4 der Anlage 1 nicht zur Anwendung und wird in weiterer Folge nur auf die Z 23 im Detail eingegangen. Die Tarifierung der Milch und Milcherzeugnisse der Positionen 0401, 0402, 0403 und 0404 mit Zusätzen unter die Zolltarifnummer 2202 erfolgt im Detail folgendermaßen:
2202 Wasser, einschließlich Mineralwasser und kohlensäurehaltiges Wasser, mit Zusatz von Zucker, anderen Süßmitteln oder Aromastoffen und andere nicht alkoholhaltige Getränke, ausgenommen Frucht-, Nuss- und Gemüsesäfte der Position 2009
2202 99 andere
keine Erzeugnisse der Positionen 0401 bis 0404 und keine Fette aus Erzeugnissen der Positionen 0401 bis 0404 enthaltend:
2202 99 11 Getränke aus Soja mit einem Eiweißgehalt von 2,8 GHT oder mehr
2202 99 15 Getränke aus Soja mit einem Eiweißgehalt von weniger als 2,8 GHT, Getränke aus Nüssen des Kapitels 08, Getreide des Kapitels 10 und Samen des Kapitels 12
2202 99 19 andere
andere, mit einem Gehalt an Fetten aus Erzeugnissen der Positionen 0401 bis 0404 von:
2202 99 91 weniger als 0,2 GHT
2202 99 95 0,2 oder mehr, jedoch weniger als 2 GHT
2202 99 99 2 GHT oder mehr
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass laut EuGH Milchgetränke, die aus aromatisierter oder mit Kakao versetzter Milch bestehen, unabhängig von der Höhe des Milchanteils, der Position 2202 („Wasser, einschließlich Mineralwasser und kohlensäurehaltiges Was-ser, mit Zusatz von Zucker, anderen Süßmitteln oder Aromastoffen, und andere nicht alkoholhaltige Getränke, ausgenommen Frucht- und Gemüsesäfte der Position 2009“) zugewiesen werden. Bei dieser Einreihung der Ware als Getränk kommt es eben nicht auf die anteilsmäßige Höhe der im Rahmen der Zubereitung eingesetzten Zutaten an. Der EuGH hat in seinem Urteil Ritter folgenden Grundsatz formuliert:
Nach dem System des gemeinsamen Zolltarifs muss der Ausdruck „andere Getränke“ in der Tarifnummer 2202 als Gattungsbegriff verstanden werden, mit dem alle zum menschlichen Genuss bestimmten Flüssigkeiten gemeint sind, soweit sie nicht von einer anderen spezifischen Einteilung erfasst werden. Der Inhalt dieses Begriffs ist nach objektiven und nachprüfbaren Kriterien zu bestimmen. Folglich darf seine Tragweite nicht von rein subjektiven und veränderlichen Faktoren abhängig gemacht werden wie zum Beispiel von der Art und Weise, in der ein Erzeugnis eingenommen wird, oder vom Zweck der Einnahme. Die Einstufung einer Ware als Getränk im Sinne der Tarifnummer 2202 darf auch nicht von den verwendeten Ausgangsstoffen abhängen.
Unter Getränken im Sinne der Tarifnummer 2202 sind alle Flüssigkeiten zu verstehen, die zum menschlichen Genuss geeignet und bestimmt sind, ohne dass es auf die eingenommene Menge oder die besonderen Zwecke ankommt, denen die verschiedenen Arten genießbarer Flüssigkeiten dienen können. Da, wie bereits ausgeführt, die fraglichen Milch und Milcherzeugnisse unter die oben angeführten Kombinierten Nomenklaturen fallen, wird in weiterer Folge analysiert, wie die Z 23 der Anlage 1 zum UStG zu interpretieren ist und welche Milch und Milcherzeugnisse mit Zusätzen konkret unter den ermäßigten Steuersatz von 10 Prozent fallen. Um dies feststellen zu können, soll zunächst auf die historische Entwicklung der Z 23 eingegangen werden.
Historische Gesetzesentwicklung der Anlage 1 Z 23 idgF zum UStG Fassung vor EU-Beitritt
In Österreich war bereits vor dem EU-Beitritt in der Anlage A Z 30 zu § 10 Abs. 2 UStG 1972 ein ermäßigter Steuersatz iHv 10 Prozent für folgende Produkte vorgesehen:
a) Milch und Molkereierzeugnisse der Positionen 0401, 0402 und 0404, mit Zusatz von Früchten oder Kakao (Unterposition 2202 90 A 1 des Zolltarifes),
b) Kaffee-, Kaffee-Ersatz-, Mate- oder Tee-Getränke (auch Früchtetees, Kräutertees oder Tees aus anderen Pflanzen oder Pflanzenteilen) (aus Unterpositionen 2202 90 B 1 und 2202 90 B 2 des Zolltarifes).
Fassung nach EU-Beitritt
Mit dem EU-Beitritt von Österreich wurde die Z 30 leicht adaptiert, da einerseits eine Anpassung der Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur an den gemeinsamen Zolltarif der EU erfolgte und andererseits der Wortlaut leicht abgeändert wurde. Jedoch kam es mit dem EU-Beitritt zu keiner wesentlichen Änderung.
a) Kaffee-, Kaffee-Ersatz-, Mate- oder Tee-Getränke sowie „Tees'' aus Früchten, Kräutern oder aus anderen Pflanzen oder Pflanzenteilen (aus Unterposition 2202 90 10 der Kombinierten Nomenklatur),
b) Milch und Milcherzeugnisse der Positionen 0401, 0402 und 0404, mit Zusatz von Früchten oder Kakao (aus Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 der Kombinierten Nomenklatur).
Fassung Budgetbegleitgesetz 2007
Die erste wesentliche Änderung fand im Rahmen des Budgetbegleitgesetz 2007 statt. Hierbei wurde die Z 30 der Anlage 1 aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 161/2007 der Kommission zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur wie folgt geändert:
Milch und Milcherzeugnisse der Positionen 0401, 0402, 0403 und 0404, mit Zusätzen, ausgenommen Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Kaffee, Tee oder Mate und von Zubereitungen auf der Grundlage dieser Waren (aus Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 der Kombinierten Nomenklatur).
In den Erläuternden Bemerkungen wurde Folgendes festgehalten : Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 161/2007 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur, Abl. Nr. L 51 vom 20.02.2007, S. 5, ergibt sich, dass fermen-tierte oder gesäuerte Milcherzeugnisse, die andere Zusätze als solche von Früchten, Nüssen oder Kakao (und Süßungsmittel) enthalten, nicht in die Position 0403 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht werden können. Betroffen sind z.B. Joghurtgetränke mit Zusatz von Stanolester oder von Aloe Vera. Diese Joghurtgetränke fallen daher unter die Position 2202 der Kombinierten Nomenklatur. Die österreichische Verwaltung ist hingegen bisher davon ausgegangen, dass diese Getränke unter die Position 0403 der Kombinierten Nomenklatur fallen, weshalb die Position 0403 der Kombinierten Nomenklatur in der Z 30 der Anlage nicht angeführt war. Nach der Konzeption der in der Z 30 der Anlage erfassten, dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Milchmischgetränke sollten jedoch auch Joghurtgetränke (und andere Milch-getränke) mit anderen Zusätzen als Früchten, Nüssen oder Kakao (insbesondere verschiedene andere Pflanzenteile) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, da für eine diesbezügliche unterschiedliche Behandlung aus umsatzsteuerlicher Sicht keine sachliche Rechtfertigung besteht. Lediglich der Zusatz von Kaffee und Tee darf nicht erlaubt sein. Dies deshalb, weil Kaffee- und Teegetränke generell dem Normalsteuersatz unterliegen sollen. Mit der Neuregelung wird daher vorgesehen, dass auch Milcherzeugnisse der Position 0403 der Kombinierten Nomenklatur in die Z 30 der Anlage aufgenommen werden und überdies eine negative Abgrenzung hinsichtlich der ausgeschlossenen Getränke vorgenommen wird, da laufend neue Milchmischgetränke mit neuen Zusätzen auf den Markt kommen. Eine Änderung gegenüber der bisherigen Verwaltungspraxis tritt durch die Neuregelung nicht ein.
Fassung Steuerreformgesetz 2015/16 bis dato
Die letzte Änderung von Z 30 der Anlage 1 fand im Rahmen des Steuerreformgesetzes 2015/16 statt. Es erfolgte lediglich eine formale Anpassung der Verweise der Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur an den aktuellen Stand und es wurde die Ziffer in der Anlage 1 geändert (von Z 30 auf Z 23). Seitdem lautet die Z 23 der Anlage wie folgt: Milch und Milcherzeugnisse der Positionen 0401, 0402, 0403 und 0404, mit Zusätzen, ausgenommen Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Kaffee, Tee oder Mate und von Zubereitungen auf der Grundlage dieser Waren (aus Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 der Kombinierten Nomenklatur).
Anmerkungen zu der historischen Entwicklung der nationalen Vorschrift
Nach dem Wortlaut der relevanten Begünstigungsbestimmung vor Änderung durch das Budgetbegleitgesetz 2007 ist eindeutig davon auszugehen, dass Milch und Milcherzeugnisse mit Zusatz von Früchten und Kakao etc. begünstigt waren, soweit diese unter die Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 der Kombinierten Nomenklatur fielen. In den Erläuternden Bemerkungen zum Budgetbegleitgesetz 2007 bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass es durch die gesetzliche Novellierung zu keiner Änderung der bisherigen Verwaltungspraxis kommen soll. Daraus kann abgeleitet werden, dass auch nach erfolgter Änderung der relevanten Ziffer der Anlage durch das Budgetbegleitgesetz weiterhin davon auszugehen ist, dass unter die Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 fallende Milch und Milcherzeugnisse mit Zusatz von Früchten und Kakao etc. wie bisher begünstigt sind (um dies sicherzustellen wurde in der relevanten Ziffer der Anlage der Verweis auf Position 0403 ergänzt). Zusätzlich wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2007 die Regelungssystematik dahingehend geändert, dass nicht ausschließlich eine positive Formulierung der vom ermäßigten Steuersatz erfassten Gegenstände erfolgt, sondern eine negative Abgrenzung hinsichtlich der ausgeschlossenen Getränke ergänzt wird. Wie den Gesetzesmaterialien jedoch eindeutig zu entnehmen ist, soll es durch diese Neuregelung zu keiner inhaltlichen Änderung kommen. Der Verweis auf die Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 ist somit nicht dahingehend zu verstehen, dass Waren dieser Unterpositionen per se dem Normalsteuersatz unterliegen, sondern nur dann, wenn Waren dieser Unterpositionen begünstigungsschädliche Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate enthalten.
Ansicht der Judikatur
Im Jahr 2015 erging ein BFG-Erkenntnis hinsichtlich der Frage, ob eine zolltariflich als Getränk eingestufte Flüssignahrung, welche unter die Unterposition 2202 90 91 (nunmehr 2202 99 91) fällt, einem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Das BFG kam zu dem Ergebnis, dass sämtliche Waren aus den Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 (nunmehr 2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99) dem Normalsteuersatz unterliegen. Nach Auffassung des BFG ist die Z 30 so zu verstehen, dass Produkte mit den in der Klammer zu Z 30 angeführten Unterpositionen nicht unter den ermäßigten Steuersatz fallen. Dies wurde vom BFG wie folgt begründet: Die Ausnahme (wörtlich „ausgenommen“ …) auf Grund der Verknüpfung mit „und“ auf beide danach genannten Tatbestände bezieht sich also auf: „Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Kaffee, Tee oder Mate“ und „von Zubereitungen auf der Grundlage dieser Waren (aus Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 der Kombinierten Nomenklatur)“. Folglich werden in der Anlage 1 Z 30 UStG Produkte der Unterpositionen 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 vom BFG nicht als begünstigt qualifiziert und gelangt für diese Waren immer der Normalsteuersatz zur Anwendung.
Ansicht der Literatur
In der Kommentarliteratur wird dieses Urteil vereinzelt zitiert, ohne dass jedoch - soweit ersichtlich - eine vertiefende inhaltliche Auseinandersetzung erfolgte. Rosmann hat sich – bereits vor Ergehen der vorstehend zitierten Entscheidung des BFG – im Detail mit der Tarifierung von Lebensmitteln und deren umsatzsteuerlichen Behandlung auseinandergesetzt. Wie auch der Gesetzgeber in den Erläuternden Bemerkungen vertritt er die Auffassung, dass Milch und Milchmischgetränke im Sinne der Kombinierten Nomenklatur 2202 90 91, 2202 90 95 und 2202 90 99 (2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99 in der derzeit gültigen Fassung) gemäß Z 30 (Z 23 in der derzeit gültigen Fassung) der Anlage 1 zum UStG unter den ermäßigten Steuersatz fallen. Gemäß Z 30 der Anlage zum UStG gilt dies nur dann nicht, wenn das Milchmischgetränk Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate enthält. Milchmischgetränke mit diesen Zusätzen führen daher zum Normalsteuersatz von 20 Prozent. Im Ergebnis sollen nach dieser Ansicht grundsätzlich alle Milchprodukte - egal welche Zusätze beigemengt sind – dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Nur die Beimengung von Kaffee, Tee oder Mate führt bei den Milchmischgetränken dazu, dass diese Produkte nicht in die Anlage zum UStG eingereiht werden können und daher auch nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, sondern mit dem Normalsteuersatz von 20 Prozent zu versteuern sind. Auch in anderen Kommentaren zum Umsatzsteuergesetz wird angeführt, dass unter die Z 23 der Anlage 1 zum UStG Milch und Milcherzeugnisse mit Zusätzen (z.B. Früchte oder Kakao) fallen und folglich einem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Ausgenommen sind jedoch Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und von Auszügen, Essenzen und Konzentrate aus Kaffee, Tee oder Mate und von Zubereitungen auf der Grundlage dieser Waren. Von den Milchmischgetränken sind daher z.B. Kakao auf Milchbasis, Fruchtmolke, Bananenmilch, Vanillemilch und Schokomilch begünstigt. Getränke, die neben Milch z.B. auch Kaffee enthalten, unterliegen dagegen dem Normalsteuersatz.
Rechtliche Beurteilung
Wie oben bereits ausgeführt, sind nach Ansicht des BFG alle Produkte, welche unter die in der Klammer angeführten Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur (2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99 in der derzeit gültigen Fassung) fallen, von der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes ausgenommen. Das BFG legte seiner Entscheidung eine reine Wortlautinterpretation zugrunde, ohne jedoch weder die zollrechtliche Systematik der Kombinierten Nomenklatur noch Sinn und Zweck der gegenständlichen Begünstigung der Z 23 der Anlage 1 zum UStG zu berücksichtigen. Im gegenständlichen Fall ist zunächst zu beachten, dass Milch und Milchprodukte der Positionen 0401, 0402, 0403 und 0404, wenn diese mit Zusätzen angereichert werden, immer unter die Zolltarifnummer 2202 und je nach Fettgehalt entweder unter die Unterposition 2202 99 91, 2202 99 95 oder 2202 99 99 einzureihen sind. Dies gilt aus zolltariflicher Sicht vom Grundsatz her unabhängig davon, ob die betreffende Ware mit Zusätzen z.B. aus Kaffee, Tee, Früchten oder Kakao versehen ist. Die Einordnung in eine andere als die oben genannte Unterposition von 2202 kommt für Milch und Milchprodukte mit derartigen Zusätzen nicht in Frage. Würde man der Ansicht des BFG folgen, wären alle Produkte mit den in der Klammer angeführten Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur (2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99 in der derzeit gültigen Fassung) von der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes ausgenommen und wäre daher die Ziffer 23 der Anlage 1 praktisch inhaltsleer. Dies deshalb, da, wie bereits ausgeführt, Milch und Milcherzeugnisse unabhängig vom konkreten Zusatz grundsätzlich immer unter die Unterpositionen 2202 99 91, 2202 99 95 oder 2202 99 99 der Kombinierten Nomenklatur fallen. Die vom BFG vorgenommene Interpretation steht daher im Widerspruch zum Sinn und Zweck der Vorschrift bzw. berücksichtigt nicht ausreichend die zollrechtliche Systematik der Kombinierten Nomenklatur. Aus diesem Grund ist Z 23 daher unseres Erachtens – entgegen der Ansicht des BFG – in der Weise zu verstehen, dass alle Milch und Milcherzeugnisse, die aufgrund der enthaltenen Zusätze unter die Unterpositionen 2202 99 91, 2202 99 95 und 2202 99 99 der Kombinierten Nomenklatur eingereiht werden, vom Grundsatz her von einem ermäßigten Steuersatz umfasst sein sollen. Davon ausgenommen sind nur Milch und Milcherzeugnisse, die auch Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und Auszüge, Essenzen und Konzentrate von Kaffee, Tee oder Mate enthalten. Diese Schlussfolgerung wird auch aus den eindeutigen Aussagen der Erläuternden Bemerkungen zur Z 23 der Anlage 1 untermauert (siehe Punkt 3.1.3), wonach vom ermäßigten Steuersatz nur jene Milch und Milcherzeugnisse ausgenommen sein sollen, die auch den Zusatz Kaffee, Tee oder Mate enthalten. Diese Rechtsansicht folgt schließlich auch unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung der Vorschrift (siehe Punkt 3.2.) und wird auch in der vorstehend zitierten Literatur auf diese Weise vertreten.
Beantwortung:
Wie Sie in Ihrem Schreiben zutreffend ausführen, erfolgte mit dem Budgetbegleitgesetz 2007, BGBl I Nr. 24/2007, eine Anpassung in der Anlage zum UStG 1994 im Bereich der Milcherzeugnisse aufgrund einer Änderung der Kombinierten Nomenklatur (ABl. Nr. L 51 vom 20.2.2007, S. 5). Durch die Neuregelung ergab sich, wie auch die Erläuterungen ausführen, keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage bzw. Verwaltungspraxis, sondern es wurde die bis dahin bestehende Besteuerung von Milcherzeugnissen unverändert beibehalten. Milchmischgetränke oder auch Joghurtgetränke (und andere Milchgetränke) – auch mit anderen Zusätzen als Früchten, Nüssen oder Kakao (insbesondere verschiedene andere Pflanzenteile) – unterliegen gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 iVm Anlage 1 Z 23 UStG 1994 dem ermäßigten Steuersatz iHv 10 Prozent. Lediglich Zusätze von Kaffee, Tee oder Mate und von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Kaffee, Tee oder Mate und von Zubereitungen auf der Grundlage dieser Waren schließen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus.