Forum Finanz: Die wirtschaftliche Entwicklung der EU in turbulenten Zeiten
Am 19. September fand eine weitere Ausgabe der Forum Finanz-Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Die wirtschaftliche Entwicklung der EU in turbulenten Zeiten“ im Purpursaal des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) statt. Zum wiederholten Male wurde das Event in Zusammenarbeit mit der Weltbank organisiert, welche die wichtigsten Erkenntnisse ihres aktuellen EU Regular Economic Report vorstellte. Dieser jährlich erscheinende Bericht liefert tiefgehende Analysen zur jüngsten und zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung der EU. Als Spezialthema wurden diesmal auch Reformvorschläge für vier ausgewählte EU-Mitgliedstaaten (Kroatien, Bulgarien, Rumänien und Polen) vorgestellt und auf ihre Wirkung untersucht.
Nach der Begrüßung der TeilnehmerInnen durch Harald Waiglein, Leiter der Sektion für Wirtschaftspolitik, Finanzmärkte und Zölle im BMF, und Xiaoqing Yu, Länderdirektorin der Weltbank für den Westbalkan, präsentierten drei Expertinnen der Weltbank (Jasmin Chakeri, Mona Prasad und Collette Wheeler) die Kernaussagen des Berichts. Sie betonten die große Unsicherheit angesichts multipler und teilweise miteinander verbundenen Krisen, welche vom Krieg in der Ukraine über die hohe Inflation bis zu Unterbrechungen der globalen Lieferketten durch die COVID-19-Pandemie reichen. Die starke Inflationsentwicklung bei Lebensmitteln und Energie werde besonders vulnerable Gruppen wesentlich stärker belasten. Diese sollten deshalb möglichst zielgerichtet unterstützt werden, um eine negative Armutsentwicklung und soziale Spannungen zu verhindern
Bei der anschließenden Paneldiskussion, welche vom Leiter der Abteilung für Allgemeine Wirtschaftspolitik im BMF Alfred Katterl moderiert wurde, beleuchteten Stefan Bruckbauer, Chefökonom der UniCredit Bank Austria und Richard Grieveson, stv. Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) die diversen wirtschaftlichen Risiken für die EU. Bruckbauer prognostizierte eine beginnende Rezession für die Eurozone, wobei Österreich aufgrund der besonders starken Wirtschaftsentwicklung vor dem Krieg noch etwas bessere Wachstumsdaten zu erwarten habe. Deutschlands Industrie befände sich aufgrund der Lieferkettenprobleme bereits seit knapp einem Jahr in der Krise, so Bruckbauer.
Richard Grieveson betonte, dass dies auch schwere Folgen für viele Länder in Zentral- und Osteuropa habe, da diese wirtschaftlich stark mit Deutschland verflochten seien. Zusätzlich sieht Grieveson den Westbalkan aufgrund der engeren Beziehungen mit Russland und des fehlenden Zugangs zu EU-Mitteln als besonders gefährdet. Bezüglich der Durchführung von Strukturreformen in den ausgewählten ost- und südosteuropäischen Mitgliedstaaten zeigte sich Herr Bruckbauer skeptisch, da die politische Lage in vielen Ländern der Region wie Rumänien und Bulgarien sehr schwierig sei. Einiges an Potential sahen beide Diskutanten beim Wiederaufbauinstrument Next Generation EU, wenngleich die Kapazitäten in der Verwaltung für eine Umsetzung der Mittel nicht in allen Ländern ausreichend gegeben seien.