Änderung des DBA Deutschland Erleichterungen für Grenzgänger und Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung

Am 1. Jänner 2024 wurde das Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Österreich und Deutschland wirksam. Das DBA in der bisherigen Fassung wurde im Jahr 2000 ausverhandelt und lediglich im Jahr 2012 in Bezug auf den Informationsaustausch leicht adaptiert.

Mit dem Abschluss des Änderungsprotokolls zum Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Österreich und Deutschland werden – neben der Umsetzung der international geltenden Standards zur Vermeidung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung („BEPS-Standards“) – insbesondere Regelungen eingeführt, die für Grenzgängerinnen/Grenzgänger sowohl im privaten als auch im öffentlichen Dienst Vereinfachungen schafft und eine uneingeschränkte Nutzung eines Homeoffices ermöglicht.

Artikel Änderungsprotokoll

Bestimmung im DBA

Kurzinhalt

Artikel I

Titel

Anpassung BEPS Standard

Artikel II

Präambel

Anpassung BEPS Standard

Artikel III

Artikel 5 Abs. 4

Anpassung BEPS Standard

Artikel IV

Artikel 13 Abs. 6

Aufhebung Wegzugsbesteuerung; aufgrund von Unionsrecht nicht mehr notwendig

Artikel V

Artikel 15 Abs. 6

Adaptierung Grenzgängerregelung

Artikel VI

Artikel 19 Abs. 1, Artikel 19 Abs. 1a

De-Minimis Regelung für Ortskräfte; Einführung Grenzgängerregelung öffentlicher Dienst

Artikel VII

Artikel 23Abs. 3

Anpassung BEPS Standard

Artikel VIII

Artikel 28 Abs. 1, Abs. 4-7

Anpassung BEPS Standard

Artikel IX

Protokolländerungen (Ziffer 8, Ziffer 13)

Notwendige Adaptierung Grenzgängerregelung; Anpassung Datenverwendungsklausel

Artikel X

Inkrafttretensbestimmungen

Generelles Inkrafttreten; gesonderte Bestimmung für Grenzgängerregelungen

Die neue Grenzgängerregelung in Artikel 15 Abs. 6 DBA im Detail

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit werden grundsätzlich nach dem Tätigkeitsstaatsprinzip dort besteuert, wo die Arbeit ausgeübt wird, was in vielen Fällen im Arbeitgeberstaat ist. Grenzgängerinnen/Grenzgänger im Sinne der DBA-Bestimmung werden hingegen ausschließlich in ihrem Ansässigkeitsstaat besteuert. Mit dem Änderungsprotokoll wurden die Voraussetzungen für die Grenzgängereigenschaft angepasst, um den neuen Arbeitsweisen in Folge der COVID-19-Pandemie Rechnung zu tragen.

Die folgende Tabelle zeigt eine Gegenüberstellung der alten und neuen Grenzgängerregelung nach Art. 15 Abs. 6:

Während nach der alten Grenzgängerregelung ein tägliches Pendeln zwischen Arbeitsort und Wohnsitz, die beide in der Nähe der Grenze gelegen sein müssen, erforderlich ist, ist nach der neuen Grenzgängerregelung ein Tätigwerden üblicherweise in der Nähe der Grenze erforderlich:

  • In der Nähe der Grenze: Das Änderungsprotokoll definiert in Art. IX den Ausdruck „in der Nähe der Grenze“, wonach Gemeinden umfasst sind, deren Gebiet ganz oder teilweise in einer Zone von je 30 Kilometern beiderseits der Grenze liegt. In einer gemeinsam mit dem Protokoll abgeschlossenen Konsultationsvereinbarung wird eine Liste jener Gemeinden veröffentlicht, die in der Grenzzone liegen. So wird eine einheitliche Anwendung gewährleistet.
  • Üblicherweise: Eine Tätigkeit wird „üblicherweise“ in der Nähe der Grenze ausgeübt, wenn die Person während eines Kalenderjahres an höchstens 45 Arbeitstagen (bzw. 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage während eines Kalenderjahres im Rahmen jedes Arbeitsverhältnisses) ganz oder teilweise außerhalb der Nähe der Grenze tätig wird.

Hinweis

Da ein tägliches Pendeln durch die Neufassung der Bestimmung nicht mehr erforderlich ist, sondern es nur mehr darauf ankommt, dass die Tätigkeit in der Nähe der Grenze (im Ansässigkeits- oder Tätigkeitsstaat) ausgeübt wird, erhalten die Arbeitnehmer in der Grenzzone mehr Flexibilität. Arbeitstage, die der Arbeitnehmer im Homeoffice im Ansässigkeitsstaat verbringt, sind nun nicht mehr in die Berechnung der schädlichen Tage der Nichtrückkehr miteinzurechnen.

Wird die Tätigkeit jedoch an mehr als 45 Arbeitstagen (bzw. 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage) außerhalb der Grenzzone ausgeübt, weil sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin beispielsweise auf Dienstreise befindet oder in außerhalb der Grenzzone gelegenen Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin tätig wird, führt dies zum Verlust der Grenzgängereigenschaft.

Achtung

Der Verlust der Grenzgängereigenschaft führt zu keiner doppelten Besteuerung, sondern lediglich dazu, dass das Besteuerungsrecht anhand der Arbeitstage zwischen dem Ansässigkeits- und dem Tätigkeitsstaat aufzuteilen ist und daher in beiden Ländern Compliance-Pflichten beachtet werden müssen.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer/Eine Arbeitnehmerin ist in Österreich innerhalb der Grenzzone ansässig und an einem Tag pro Woche im Homeoffice tätig. Sein Arbeitgeber befindet sich in Deutschland innerhalb der Grenzzone. An jenen Tagen, an denen der/die Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin nicht im Homeoffice tätig ist, pendelt er zu seinem/ihren Arbeitsplatz beim Arbeitgeber. Es ergeben sich 43 Tage im Homeoffice.

Da die Grenze von 45 Tagen nicht überschritten wird, liegt sowohl nach der alten, als auch der neuen Regelung die Grenzgängereigenschaft vor.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer/Eine Arbeitnehmerin ist in Österreich innerhalb der Grenzzone ansässig und an zwei Tagen pro Woche im Homeoffice. Sein Arbeitgeber befindet sich in Deutschland innerhalb der Grenzzone. An jenen Tagen, an denen der/die Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin nicht im Homeoffice tätig ist, pendelt er zu seinem/ihrem Arbeitsplatz beim Arbeitgeber. Es ergeben sich 84 Tage im Homeoffice.

Nach der bisherigen Grenzgängerregelung wird die Grenze von 45 Tagen überschritten und die Grenzgängereigenschaft geht verloren. Nach der allgemeinen Regelung des Art. 15 Abs. 1 wird das Besteuerungsrecht für 84 Tage Österreich zugewiesen. Das Besteuerungsrecht an den verbleibenden Arbeitstagen in Deutschland wird Deutschland zugewiesen.

Nach der adaptierten Grenzgängerregelung sind die entsprechenden Tage im Homeoffice im Ansässigkeitsstaat innerhalb der Grenzzone nicht für die 45-Tage-Grenze relevant. Das ganze Besteuerungsrecht verbleibt in Österreich.

Grenzgängerregelung auch für öffentlich Bedienstete

Das bisherige DBA enthält keine Bestimmung für Grenzgänger/Grenzgängerinnen im öffentlichen Dienst. Mit dem Änderungsprotokoll wird eine solche nun in Art. 19 Abs. 1a DBA implementiert, um auch für öffentlich Bedienstete Vereinfachungen zu schaffen. Ein Tätigwerden im Homeoffice führt bei Grenzgängern demnach nicht mehr zu einer Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen Ansässigkeits- und Kassenstaat. Das Besteuerungsrecht an den Vergütungen verbleibt diesfalls im Kassenstaat. Die Grenzgängerdefinition ist an jene des Art. 15 DBA angelehnt.

Weiterführende Informationen zum DBA

  • Abkommenstext Änderungsprotokoll BGBl III Nr. 12/2024
  • Konsultationsvereinbarung zu Zweifelsfragen hinsichtlich der Auslegung der Grenzgängerregelung nach Art. 15 Abs. 6 und Art. 19 Abs. 1a des deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 24. August 2000 (Erlass des BMF vom 22.12.2023, 2023-0.913.349, BMF-AV Nr. 155/2023) 
  • Erläuterungen zum Protokoll zur Änderung des Abkommens mit Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Ministerratsprotokoll vom 17.05.2023)
Letzte Aktualisierung: 17. Jänner 2024