Gesetzliche Grundlagen Produktpiraterie

Um der Durchsetzung von Rechten geistigen Eigentums eine bessere und breitere Basis zu verschaffen, wurden die Zollverwaltungen durch das im Rahmen der WTO ausgehandelte "Abkommen über handelsrelevante Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums einschließlich des Handels mit nachgeahmten Waren" (TRIPS-Abkommen) zur Bekämpfung der Produktpiraterie verpflichtet.

Ab dem 1. Jänner 2014 ersetzt die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden („EU-Produktpiraterie-Verordnung 2014“) die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003.

Die EU-Produktpiraterie-Verordnung 2014 legt die durch die Zollverwaltung zu ergreifenden Maßnahmen fest und schafft ein Instrumentarium, das es den Zollbehörden erlaubt, Waren, die ein Recht geistigen Eigentums verletzen, möglichst frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. Dadurch soll verhindert werden, dass Produktfälschungen aus Drittländern eingeführt und in der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden. Die EU-Produktpiraterie-Verordnung 2014 gilt für folgende Rechte geistigen Eigentums:

  • Marke (Gemeinschaftsmarke im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 207/2009, in einem Mitgliedstaat oder, soweit Belgien, Luxemburg und die Niederlande betroffen sind, beim Benelux-Amt für geistiges Eigentum eingetragene Marke und aufgrund internationaler Vereinbarungen eingetragene Marke mit Wirkung in einem Mitgliedstaat oder in der Union);
  • Geschmacksmuster (Gemeinschaftsgeschmacksmuster im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 6/2002, in einem Mitgliedstaat oder, soweit Belgien, Luxemburg und die Niederlande betroffen sind, beim Benelux-Amt für geistiges Eigentum eingetragenes Geschmacksmuster und aufgrund internationaler Vereinbarungen eingetragenes Geschmacksmuster mit Wirkung in einem Mitgliedstaat oder in der Union);
  • geografische Angabe (geschützte geografische Angabe oder Ursprungsbezeichnung für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe für Wein im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, geografische Angabe für aromatisierte Getränke aus Weinbauerzeugnissen im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91, geografische Angabe für Spirituosen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 110/2008, geografische Angabe für andere Waren, soweit sie nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union als ein ausschließliches Recht geistigen Eigentums gilt und geografische Angabe gemäß Vereinbarungen zwischen der Union und Drittländern, die als solche in derartigen Vereinbarungen aufgeführt ist);
  • Patent nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union;
  • ergänzendes Schutzzertifikat für Arzneimittel im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 469/2009;
  • ergänzendes Schutzzertifikat für Pflanzenschutzmittel im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1610/96;
  • gemeinschaftliches Sortenschutzrecht im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2100/94;
  • Sortenschutzrecht nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften;
  • Topografie eines Halbleitererzeugnisses nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union;
  • Gebrauchsmuster, soweit es nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union als ein Recht geistigen Eigentums geschützt ist;
  • Handelsname, soweit er nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder den Rechtsvorschriften der Union als ein ausschließliches Recht geistigen Eigentums geschützt ist.

Verordnungen

Die "Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates" ist das Herzstück des Tätigwerdens der Zollbehörden. Diese Verordnung legt die durch die Zollverwaltung zu ergreifenden Maßnahmen fest und schafft ein Instrumentarium, das es den Zollbehörden erlaubt, Waren, die ein Recht geistigen Eigentums verletzen, möglichst frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen.

Die "Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1352/2013 der Kommission vom 4. Dezember 2013 zur Festlegung der in Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden vorgesehenen Formblätter" legt einheitliche Vordrucke fest, mit denen ein Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden gestellt werden kann.

Produktpirateriegesetz 2020

Im Produktpirateriegesetz 2020, BGBl. I Nr. 104/2019, wurden ergänzende innerstaatlichen Durchführungsvorschriften erlassen, und zwar:

  • Benennung der zuständigen Zollstelle zur Entgegennahme von Anträgen auf Tätigwerden der Zollbehörden: die zuständige Zollstelle ist ab dem 1. Jänner 2021 das Zollamt Österreich, Zollstelle Villach - Competence Center Gewerblicher Rechtsschutz;
  • Festlegung nationaler Verfahrensvorschriften.

Bekanntmachung der Kommission zu Durchfuhrwaren

Die Kommission hat im Hinblick auf

  • WTO-Konsultationen, die von Indien und Brasilien wegen des Zurückhaltens von Medikamenten angestrengt wurden, die sich lediglich zur Durchfuhr im Gebiet der Union befanden, und
  • das Urteil des Gerichtshofes zu den verbundenen Rechtssachen C-446/09 (Philips) und C-495/09 (Nokia)

im Februar 2012 Leitlinien zur Durchsetzung von Rechten geistigen Eigentums durch die Zollbehörden bei der Durchfuhr von Waren durch die Union erlassen. Diese Leitlinien wurden aktualisiert und durch die "Bekanntmachung der Kommission zur Durchsetzung durch die Zollbehörden von Rechten geistigen Eigentums bei Waren, einschließlich Durchfuhrwaren, die ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht wurden" ersetzt, um

  • der EU-Produktpiraterie-Verordnung 2014 und
  • dem Markenrechtspaket – mit der Verordnung (EU) 2015/2424 wurde die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 geändert und die Richtlinie (EU) 2015/2436 wurde angenommen –

Rechnung zu tragen. Diese Bekanntmachung wurde Amtsblatt Nr. C 244 vom 5. Juli 2016 veröffentlicht.

Die Bekanntmachung erläutert die Maßnahmen der Zollbehörden bei Waren, die im Verdacht stehen, Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, in Bezug auf

  • die Kontrolle und Zurückhaltung von Waren allgemein,
  • die Kontrolle und Zurückhaltung von Waren, die eine identische oder im Wesentlichen identische Marke aufweisen, wenn sie – ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr und ohne für den Unionsmarkt bestimmt zu sein – in das Zollgebiet der Union verbracht werden,
  • die Kontrolle und Zurückhaltung von zur Durchfuhr bestimmten Arzneimitteln und
  • die diesbezügliche Zusammenarbeit mit den Rechtsinhabern.