Finanzpolizei beantragte 2022 bei 27.000 durchgeführten Kontrollen Strafen i.H.v. 18,5 Mio. Euro Kampf gegen Trend zu organisierter Schwarzarbeit per Scheinunternehmen verstärkt; Mehr Anzeigen aus Bevölkerung zu Verstößen gegen Registrierkassenpflicht
Die Finanzpolizei im Amt für Betrugsbekämpfung (ABB) ist für Kontrollen am Arbeitsmarkt und im illegalen Glückspiel sowie für die Einbringung von Geldstrafen in Finanzstrafverfahren zuständig. Dabei geht sie gegen Steuer- und Abgabenhinterziehung, Sozialbetrug, organisierte Schattenwirtschaft und ähnliche Delikte vor. Für das Jahr 2022 legen die 450 Finanzpolizistinnen und Finanzpolizisten nun erneut eine erfolgreiche Leistungsbilanz vor: Die Finanzpolizei führte 2022 in ihren Bereichen Arbeitsmarkt, Glückspiel und Steueraufsicht rund 27.000 Kontrollen durch und überprüfte dabei mehr als 50.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dabei waren rund 11.000 Personen illegal beschäftige EU-Ausländer bzw. Drittstaatsangehörige und knapp 5.000 Dienstnehmer/innen waren nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet. Die Trefferquote von rund 30 Prozent zeigt, dass die risikoorientierten Prüfmethoden des ABB zu zielgerichteten und erfolgreichen Kontrollen führen.
Finanzminister Magnus Brunner: „Steuer- und Abgabenhinterziehung ist eine kriminelle Handlung, die unserer Gesellschaft schadet. Wer seine Umsätze nicht vollständig angibt oder wer seine Mitarbeiter nicht korrekt anmeldet, der betrügt und dagegen gehen wir konsequent vor. Die Finanzpolizei sorgt mit ihren regelmäßigen Kontrollen für faire Wettbewerbsbedingungen am österreichischen Wirtschaftsstandort und schützt die ehrlichen Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich an die Regeln halten. 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in ganz Österreich an 40 unterschiedlichen Standorten der Finanzpolizei tätig. Sie leisten großartige Arbeit und erzielen bemerkenswerte Ergebnisse. Die Hartnäckigkeit im Kampf für fairen Wettbewerb und gegen Lohn- und Sozialdumping zeigt Wirkung, wie man an der erfolgreichen Jahresbilanz 2022 sehen kann.“
Alfred Hacker, Vorstand des ABB: „Mit dem ABB wurden die Aufgaben der Betrugsbekämpfung im Finanzministerium in einem Amt gebündelt. Die Finanzpolizei sorgt als unsere nach außen hin sichtbare operative Einheit vor Ort für gezielte Kontrollen in allen Aufgabengebieten des ABB. Dank interner Risikoanalysen und gut organisierter interner Vernetzung im ABB können – ergänzend zu Hinweisen und Anzeigen von anderen Unternehmen, betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder aufmerksamen Bürgerinnen und Bürgern – besonders gezielte Kontrollen und Nachschauen durchgeführt werden. Wir konzentrieren uns dabei verstärkt auf die zunehmend organisierten Abgaben- und Sozialbetrugshandlungen.“
Wilfried Lehner, Leiter der Finanzpolizei: „Auch für die Finanzpolizei ist bei den Kontrollergebnissen erkennbar, dass Facharbeitskräftemangel und gestiegene Lohnkosten zu Umgehungsversuchen führen. Während die Aufgriffe von Personen in Arbeitslosengeldbezug sinken, steigen illegale Formen der Beschäftigung an. Wir reagieren darauf mit zielgerichteten Schwerpunktkontrollen und intensiven Ermittlungen.“
Scheinunternehmen befeuern organisierte Schwarzarbeit durch Scheinrechnungen
Die Finanzpolizei deckte eine raffinierte Betrugsmasche in Sachen „Steuer- und Sozialbetrug“ auf – die Teilschwarzbeschäftigung von Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern. Diese werden zwar bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) als Teilzeit-Beschäftigte angemeldet und die auf die Anmeldung entfallenden Sozialversicherungsabgaben sowie die Lohnsteuer werden entrichtet. Allerdings erhalten die Beschäftigten weit mehr Lohn in bar und unversteuert. Um die Auszahlung der Gelder in der Buchhaltung unterzubringen, werden Scheinrechnungen von Scheinfirmen produziert, das Geld wird auch tatsächlich überwiesen, unmittelbar nach der Überweisung aber von Hintermännern bar behoben und als Kick-Back-Zahlung an den Unternehmer (abzüglich einer „Unkostenpauschale“) rückgestellt. Dieser kann nun die Schwarzlohnzahlungen in bar mit unversteuertem Geld durchführen. Die Finanzpolizei ermittelt derzeit in mehreren Großfällen gemeinsam mit Steuerfahndung sowie Landes- und Bundeskriminalamt zu österreichweiten Betrugsfälle mit Schadenssummen von weit mehr als 100 Mio. Euro. Bereits 2021 wurde im ABB die SOKO Scheinunternehmen gegründet, die die Betrugsbekämpfungseinheiten bündelt und so einen effektiveren Kampf gegen die Betrugsform Scheinunternehmen ermöglicht.
Die Finanzpolizei führt bei Verdacht eines Scheinunternehmens die Ermittlungen durch und stellt ggfs. per Bescheid die Scheinunternehmereigenschaft fest. Damit dürfen weder Dienstnehmer angemeldet werden noch kann das Unternehmen weiter wirtschaftlich tätig sein, da durch die Finanzverwaltung automatisch auch die UID-Nummer begrenzt wird. In der Folge werden diese Unternehmen auf der Webseite des BMF veröffentlicht und schließlich im Firmenbuch gelöscht.
Registrierkassenvorschriften werden häufig ignoriert – Anzeigen steigen
Zur Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht erhielt die Finanzpolizei im vergangenem Jahr mehr als 100 Anzeigen und Hinweise aus der Bevölkerung und von Unternehmen, dass die Kassenpflicht durch einige Betrieben nicht mehr ernst genommen würde, die Kassensysteme teilweise gar nicht mehr benutzt würden oder überhaupt keine Kassen vorhanden seien. Daher wurde eine österreichweite Aktion zur Überprüfung der Einhaltung der Pflichten im Zusammenhang mit der Registrierkasse gestartet. Das Ergebnis war selbst für die Spezialisten der Finanzpolizei mehr als ernüchternd: Bei insgesamt 693 überprüften Betrieben musste in 191 Fällen festgestellt werden, dass Registrierkassenbelege gar nicht erteilt wurden, also ein Verstoß gegen die Belegerteilungspflicht vorliegt. In 26 Fällen wurden Belege nur auf Nachfrage erteilt. 88 Betriebe hatten bei Verkaufsvorgängen die vorhandene Registrierkasse gar nicht benutzt, in 6 Fällen war schlicht keine Registrierkasse vorhanden. Zudem wurde der Jahresbeleg in 105 Fällen nicht an die Finanzverwaltung übermittelt.
Illegales Glücksspiel erfolgreich zurückgedrängt
Der Kampf gegen das illegale Glücksspiel wird von der Finanzpolizei seit Jahren intensiv und sehr erfolgreich geführt. In den letzten Jahren war ein deutlicher Rückgang der aktiven Glücksspielbetreiber feststellbar. Waren es 2020 österreichweit noch 689 Kontrollen, so verzeichnet die Bilanz 2022 nur mehr 309 Kontrollen im Glücksspielbereich. Insbesondere von außen sichtbaren Lokale sind so gut wie verschwunden. Dennoch tauchen immer wieder vereinzelt Spielhöllen und Pokercasinos in Privatwohnungen, in Gewerbegebieten aber auch in Kellerlokalen auf. Die Hälfte aller Betriebe sind dabei in Wien zu finden. 2020 wurden österreichweit insgesamt 1.636 Glückspielgeräte beschlagnahmt und aus dem Verkehr gezogen, 2022 waren es nur mehr 384 Glückspielgeräte, darunter besonders kreativ: mobile, in Alukoffern eingebaute Glücksspielautomaten.
Arbeitsmarktkontrollen führten zu rund 18,5 Mio. Euro Strafanträgen
Im Jahr 2022 führte die Finanzpolizei in ihren Zuständigkeitsbereichen Arbeitsmarkt, Glücksspiel und Steueraufsicht 26.850 Kontrollen durch. Von 51.436 kontrollierten Arbeitnehmern waren mit 4.727 Dienstnehmern deutlich mehr Personen nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet als 2021 (3.451 Personen). Auch bei den illegal beschäftigten EU-Ausländern bzw. Drittstaatsangehörigen gab es einen Anstieg auf 11.087 Personen (2021: 9.303). Insgesamt stellte die Finanzpolizei im Bereich ihrer Arbeitsmarktaufgaben Strafanträge in Höhe von rund 18,5 Mio. Euro.
Spektakuläre Fälle im Bereich Arbeitsmarkt
Ein besonders dreister Fall beschäftigte die Finanzpolizei in Innsbruck: Im April 2022 hatte die Reinigungsfirma einer Polizeidienststelle eine Subfirma beauftragt. Nach Kontrolle der Finanzpolizei stellte sich heraus, dass es sich bei den Mitarbeitern der Subfirma um junge syrische Staatsangehörige im Asylverfahren handelte, die weder sozialversichert waren, noch eine Arbeitsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz hatten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde eingeschaltet. Den Subunternehmer erwarten Strafen in Höhe von mehr als 10.000 Euro. Zudem wurden bei ihm Rechnungen einer ausländischen Scheinfirma in Höhe von mehr als 700.000 Euro gefunden. Es besteht der Verdacht der Steuerhinterziehung und der Geldwäsche. Diesbezüglich laufen noch interne Ermittlungen gemeinsam mit der Finanzstrafbehörde im ABB.
In Salzburg ging die Finanzpolizei einer anonymen Anzeige gegen drei privat betriebene COVID-19-Testlabore nach. Vermutet wurden sowohl die Tätigkeit von Scheinunternehmen als auch Sozialbetrug und illegale Beschäftigung. Auffallend war für die Kontrollorgane, dass noch während der Amtshandlung versucht wurde, Asylwerberinnen bzw. Asylwerber für die Sozialversicherung anzumelden, die ursprünglich als selbstständig gemeldet waren. Von den mehr als 300 in den Betrieben tätigen Personen waren 279 ausländische Beschäftigte. Dabei wurden rund 500 Delikte wie Schwarzarbeit und illegale Ausländerbeschäftigung festgestellt sowie rund 1,7 Mio. Euro Strafen beantragt.
Im September 2022 kontrollierte die Finanzpolizei in Verteilerzentren von Paketdienstleistern an 16 Standorten im Raum Steiermark und Kärnten, wobei 164 Dienstnehmer von 35 verschiedenen Betrieben kontrolliert wurden. Bei 15 Prozent der Beschäftigten kam es zu Verstößen gegen das Sozialversicherungsrecht, die Gewerbeordnung sowie das Arbeitszeitgesetz. Zudem wurden bei sechs Betrieben Steuerrückstände in Höhe von insgesamt 130.251 Euro vor Ort exekutiert.
Mit weiteren Maßnahmen 22,2 Mio. Euro Abgaben gesichert
Zu einer weiteren Aufgabe der Finanzpolizei zählt das Einbringen von Geldstrafen im Finanzstrafrechtsbereich: 2022 wurden mehr als 3.000 Exekutionsmaßnahmen gesetzt und ca. 2,3 Millionen Euro eingebracht. Neben den Einbringungsmaßnahmen der Finanzstrafen hat die Finanzpolizei 2022 auch Abgabenexekutionsmaßnahmen in einer Höhe von 13,8 Mio. Euro durchgeführt, 5,5 Mio. Euro an Forderungspfändungen gestellt und rund 630.000 Euro in Form von Sicherstellungsbescheiden verfügt.