Zinsen und Spesen für Gemeinschaftsdarlehen von Eigentümergemeinschaften bei Finanzierungssplitting Anfrage der KSW vom 28.11.2024

  1. Liegt bei Anwendung des Finanzierungssplittings nach § 20 Abs. 4 WEG 2002 ein Gemeinschaftsdarlehen vor?
  2. Unterliegen in so einem Fall die von der WEG an die Wohnungseigentümer weiterverrechneten Zinsen und Spesen des Darlehens der Umsatzsteuer?

Sachverhalt: Im Rahmen der Umstellung einer mit fossilem Brennstoff betriebenen Heizungsanlage auf eine mit erneuerbarer Energie betriebene Anlage wird von der Eigentümergemeinschaft (Wohnungseigentümergemeinschaft) ein Darlehen zur Finanzierung aufgenommen.

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung: Der VwGH hat klargestellt (10.2.2016, 2013/15/0120), dass der Zinsenaufwand eines Gemeinschaftsdarlehens auch in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer einzubeziehen ist. Begründet hat er dies damit, dass die Weiterverrechnung an Wohnungseigentümer, für im Zusammenhang mit einer Sanierung stehenden Kosten, als Teil der einheitlichen Leistung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu sehen ist. Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 umfasst das Entgelt alle Aufwendungen, die der Empfänger einer Leistung für deren Erhalt aufbringen muss. Es darf nicht um die Kosten des Unternehmers gekürzt werden. Somit zählen auch weiterverrechnete Aufwendungen wie Porti, Grundsteuer, Personalaufwand oder Zinsen zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Dies gilt auch für Zinsen, die einer Wohnungseigentümergemeinschaft entstehen, weil bestimmte Aufwendungen, wie Sanierungskosten, nicht vollständig aus Eigenmitteln gedeckt werden können. Die Zinsen, die der Wohnungseigentümergemeinschaft angelastet werden, sind nicht als Kreditgewährung der Wohnungseigentümergemeinschaft an die einzelnen Wohnungseigentümer zu verstehen, sondern als Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer zur Tragung der Aufwendungen für die Liegenschaft gemäß § 32 Abs. 1 WEG 2002. Die Finanzierungskosten für Sanierungsarbeiten, die an die einzelnen Wohnungseigentümer weiterverrechnet werden, sind Teil der einheitlichen Leistung der Wohnungseigentümergemeinschaft und unterliegen dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z 4 lit. d UStG 1994. Die auf Zinsen und Spesen zu verrechnende Umsatzsteuer macht Sanierungsaufwendungen empfindlich teurer, aus diesem Grund streben es Wohnungseigentümer oftmals an, sich nicht am Gemeinschaftsdarlehen zu beteiligen. Darüber hinaus ist es meist nicht für alle Wohnungseigentümer notwendig eine Sanierung aus Fremdmitteln zu finanzieren. Es stellt sich daher für die Praxis die Frage, wann es sich nicht mehr um ein „Gemeinschaftsdarlehen“ handelt. „Von einer selbständigen Finanzierungsleistung könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst einzelnen Wohnungseigentümern hinsichtlich der von ihnen zu leistenden anteiligen Beiträge Zahlungserleichterungen einräumt“ (vgl Feil/Marent/Preisl, WEG 2002, § 20 Tz. 22). Seit 1. 1. 2022 legalisiert § 20 Abs. 4 WEG 2002 idF der WEG-Novelle 2022 jedoch das Finanzierungssplitting: Wird für Erhaltungsmaßnahmen, die über die laufende Instandhaltung hinausgehen, und für größere Verbesserungsarbeiten eine Kreditfinanzierung in Aussicht genommen, kann der Verwalter den Wohnungseigentümern die unmittelbare Zahlung des auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Teils der an sich erforderlichen Kreditsumme ermöglichen. Macht ein Wohnungseigentümer von dieser Möglichkeit Gebrauch, so sind die Aufwendungen für die – dadurch vermindert notwendige – Kreditfinanzierung ausschließlich von den anderen Wohnungseigentümern zu tragen. Den Wohnungseigentümern wird die Sofortzahlung ihres Kostenanteils ermöglicht. Nur die Wohnungseigentümer, die sich nicht für eine Sofortzahlung entscheiden, werden mit den Kosten (Zinsen und Spesen) der Kreditfinanzierung belastet. Diese Befreiung wirkt allerdings nur im Innenverhältnis, es bleibt bei einem durch die Eigentümergemeinschaft aufgenommenen Darlehen und der Außenhaftung aller Miteigentümer. Für diese differenzierte Behandlung der Wohnungseigentümer ist keine schriftliche und einstimmige Vereinbarung iSd § 32 Abs. 2 WEG 2002 erforderlich (Illedits/Illedits-Lohr in Illedits/Illedits-Lohr (Hrsg), Wohnungseigentum (2022) Kapitel 9 Aufteilung der Aufwendungen und Erträgnisse der Liegenschaft).

Fragestellung: Das seit 1. Jänner 2022 im § 20 Abs. 4 WEG 2002 verankerte Finanzierungssplitting ermöglicht es Wohnungseigentümergemeinschaften, Darlehen für Sanierungsmaßnahmen aufzunehmen, wobei nur jene Wohnungseigentümer, die sich an der Finanzierung beteiligen, für die Rückzahlung verantwortlich sind. Dies führt dazu, dass die Zinsen und Spesen des Darlehens direkt diesen Eigentümern zugeordnet werden können. Umsatzsteuerrechtlich stellt sich die Frage, ob diese Zinsen und Spesen ohne Umsatzsteuer an die beteiligten Wohnungseigentümer weiterverrechnet werden können, da es sich nicht um ein Gemeinschaftsdarlehen handelt. Nach § 32 Abs. 10 WEG 2002 hat jeder Wohnungseigentümer die auf sein Wohnungseigentumsobjekt nach der jeweiligen Nutzungsart entfallende Umsatzsteuer zu entrichten. Da das Finanzierungssplitting die direkte Zuordnung der Darlehenszinsen und -spesen zu den beteiligten Wohnungseigentümern ermöglicht, könnten diese Kosten als individuelle Aufwendungen betrachtet werden. In diesem Fall wäre eine Weiterverrechnung ohne Umsatzsteuer möglich, da keine Leistung der Eigentümergemeinschaft an die Wohnungseigentümer vorliegt. Eine klare gesetzliche Regelung oder höchstgerichtliche Entscheidung zu dieser spezifischen umsatzsteuerlichen Behandlung liegt jedoch derzeit nicht vor. Daher wäre eine offizielle Stellungnahme des Finanzministeriums wünschenswert, um Rechtssicherheit für Wohnungseigentümergemeinschaften und deren Verwalter zu schaffen.

Die Bestätigung, dass Zinsen und Spesen aus solchen individuell aufgenommenen Darlehen ohne Umsatzsteuer weiterverrechnet werden können, würde unseres Erachtens ein positives Signal für die Energiewende darstellen. Angesichts der zahlreichen Bundes- und Landesförderungen zur Förderung erneuerbarer Energien in Gebäuden - die für rund 40 % des CO₂-Ausstoßes in der EU verantwortlich sind - würde dies die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen erleichtern und die Attraktivität solcher Investitionen erhöhen.

Beantwortung:

Das mit § 20 Abs. 4 WEG 2002 eingeführte Finanzierungssplitting normiert einen Sonderverteilungsschlüssel. Wenn der Verwalter unter Berücksichtigung solcher „Direktzahlungswünsche“ einen betraglich entsprechend verminderten Kredit aufnimmt, handelt es sich dabei ebenso um eine Kreditaufnahme der Eigentümergemeinschaft wie bei einem Kredit, der das gesamte Finanzierungserfordernis abdeckt. Der duale Modus der Finanzierung ändert nichts daran, dass für den kreditweise finanzierten Teil die Eigentümergemeinschaft (und nicht etwa der nicht direkt zahlende Teil der Wohnungseigentümer) Kreditschuldnerin ist (vgl. Erläuterung zu § 20 Abs. 4 WEG 2002).

Demnach liegt aus Sicht des BMF ein Gemeinschaftsdarlehen vor, wodurch die Weiterverrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft von Spesen und Zinsen an die einzelnen Wohnungseigentümer in den Anwendungsbereich des § 6 Abs.1 Z 17 bzw. § 10 Abs. 2 Z 3 lit. b UStG 1994 fällt (siehe UStR Rz 1214 mVa VwGH 10.2.2016, 2013/15/0120).