Best practices für NPOs

Einleitung

Terrorismus hat viele verschiedene Ausprägungen. Ganz grundsätzlich versteht man darunter kriminelle Gewaltaktionen gegen Menschen oder Sachen mit der Intention, ein politisches, religiöses oder ideologisches Ziel zu erreichen (im Gegensatz zur Geldwäscherei, welche stark von einem persönlichen Gewinnstreben geprägt ist). Die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung erstreckt sich auf alle Erscheinungsformen des Terrorismus.

Terrorismusfinanzierung bezeichnet die Bereitstellung oder Sammlung von Vermögenswerten zur Ausführung von terroristischen Handlungen oder zur Unterstützung für eine Person, die solche Handlungen ausführen will, oder für ein Mitglied einer terroristischen Organisation mit dem Wissen, dass es solche Taten ausführen will (§ 278d StGB). Dabei ist es unerheblich, ob diese aus Sympathie mit den Zielen des Terroristen oder der terroristischen Vereinigung begangen wird. Im Unterschied zur Geldwäscherei (§ 165 StGB) können für die Terrorismusfinanzierung sowohl illegale als auch legale Vermögenswerte verwendet werden, wie zB Spenden, Gewinne aus Gesellschaften, Einkommen etc.

Ebenfalls untersagt sind die Unterstützung einer staatsfeindlichen Verbindung mit Geldmitteln (§ 246 Abs 2 StGB), die Unterstützung einer staatsfeindlichen Bewegung mit erheblichen Geldmitteln (§ 247a Abs 2 StGB) sowie die Unterstützung einer religiös motivierten extremistischen Verbindung mit erheblichen Geldmitteln (§ 247b Abs 2 StGB).

Der Missbrauch von gemeinnützigen Organisationen für terroristische Zwecke kann verschiedene Formen annehmen. Darunter fällt die Vorgabe einer legitimen gemeinnützigen Organisation, der Missbrauch einer legitimen gemeinnützigen Organisation zur Terrorismusfinanzierung sowie das Abzweigen von Hilfsgeldern von legitimen Projekten.

Gemeinnützige Organisationen leisten nicht nur in Österreich enorm wichtige Hilfestellung sowie Dienste in vielen Lebensbereichen und erfüllen gesellschafts- und demokratiepolitisch wichtige sozial-karitative Aufgaben. Gerade aufgrund des hohen öffentlichen Vertrauens können gemeinnützige Organisationen attraktive Ziele für terroristische Gruppen darstellen. Umgekehrt können bereits wenige Fälle von Terrorismusfinanzierung die Reputation des gemeinnützigen Sektors und damit auch das Spendenaufkommen beschädigen.

Da die Zwecke gemeinnütziger Organisationen in der Regel sehr vielfältig sind und alle Teile der Gesellschaft ansprechen, können sie auch von terroristischen Organisationen auf verschiedene Arten missbraucht werden. Dazu zählen ihre Dienstleistungen, die Nutzung ihrer Finanzmittel oder der Missbrauch durch ihre MitarbeiterInnen. Das Risiko eines solchen Missbrauchs kann sich erhöhen, wenn die Führungsstrukturen und Finanzkontrollen der gemeinnützigen Organisationen schwach sind.

Die Risiken für gemeinnützige Organisationen, für Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, sind nicht gleich. Ein größeres Risiko des Missbrauchs besteht für gemeinnützige Organisationen, die Hilfsleistungen in unmittelbarer Nähe einer aktiven terroristischen Bedrohung erbringen. Dieses kann sich auf eine gemeinnützige Organisation beziehen, die i) in einem Konfliktgebiet tätig ist, in dem eine aktive terroristische Bedrohung besteht, oder ii) in einem Land tätig ist, in dem es zwar keinen Konflikt gibt, aber terroristische Organisationen Bevölkerungsgruppen für sich gewinnen wollen. In beiden Fällen ist die Schlüsselvariable des Risikos nicht die geografische Lage, sondern die Nähe zu einer aktiven terroristischen Bedrohung. Wichtig ist, dass diese nicht immer mit geografischen Konfliktgebieten oder Gebieten mit geringer staatlicher Präsenz übereinstimmt.

In Konfliktgebieten oder Gebieten mit geringer staatlicher Präsenz, in denen terroristische Gruppen nicht operieren oder nicht operieren können, sind gemeinnützige Organisationen möglicherweise Risiken ausgesetzt, die mit Korruption oder anderen Kriminalitätsformen zusammenhängen, aber nicht unbedingt mit Terrorismusfinanzierung. Umgekehrt können terroristische Gruppen aktiv auf die Unterstützung von Bevölkerungsgruppen in einem relativ stabilen Umfeld abzielen.

Der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung wird im internationalen Rahmen insbesondere durch die Financial Action Task Force und deren 40 Empfehlungen zur Prävention der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie Initiativen der Europäischen Union zur harmonisierten Umsetzung Rechnung getragen.

Dieser Leitfaden stellt best practices vor, um Terrorismusfinanzierungsrisiken zu erkennen, zu mindern und zu steuern.[1]

Bedrohungsszenarien der Terrorismusfinanzierung

Die folgenden Bedrohungsszenarien geben Praxiserfahrungen wieder. Da terroristische Gruppen aktiv nach neuen Missbrauchsmöglichkeiten suchen, können Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit auch mit weiteren Bedrohungen konfrontiert werden.

  1. Abzweigung von Geldern: Akteure innerhalb der gemeinnützigen Organisation oder externe Akteure (wie ausländische Partner oder dritte Spendensammler) können Geldern zur Unterstützung terroristischer Vereinigungen an irgendeinem Punkt der operativen oder finanziellen Prozesse der gemeinnützigen Organisation umleiten.
  2. Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung: Gemeinnützige Organisationen oder Ihre MitarbeiterInnen können wissentlich oder unwissentlich Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung unterhalten. Dadurch kann eine gemeinnützige Organisation für terroristische Zwecke missbraucht werden, einschließlich der logistischen und finanziellen Unterstützung der terroristischen Vereinigung. Es unterliegt auch die Zahlung von „Schutzgeld“ an terroristische Gruppen oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen, die terroristischen Gruppen nahestehen oder von diesen kontrolliert werden, dem Terrorismusfinanzierungsverbot. Bei der Risikoermittlung ist zu berücksichtigen, ob es sich um regulierte lokale Organisationen oder um Einzelpersonen handelt.
  3. Missbrauch zur Unterstützung von Rekrutierungsbemühungen terroristischer Vereinigungen: Dieser tritt beispielsweise auf, wenn MitarbeiterInnen der gemeinnützigen Organisationen mit terroristischen Gruppen sympathisieren und ihrer Tätigkeit in der gemeinnützigen Organisation zur Förderung terroristischer Gruppen nutzen.
  4. Missbrauch von Programmen am Zielort: Auch wenn der Mittelfluss rechtmäßig ist, können Projekte der gemeinnützigen Organisationen am Zielort missbraucht werden. Dazu zählt beispielsweise die Übernahme von fertig gestellten Hilfsprojekten wie Schulen durch terroristische Gruppen.

Best practices für finanzielle Transparenz in gemeinnützigen Organisationen

  • Klare interne Regeln sind für eine sichere Finanzgebarung einer gemeinnützigen Organisation erforderlich, um sowohl Transparenz als auch Maßnahmen zur Verhinderung von Terrorismusfinanzierung sicherzustellen. Diese Regeln sollten eine regelmäßige und wirksame interne Überwachung und Überprüfung einschließen.
  • Es ist ratsam, ein Mission Statement zu erstellen, in dem eine klare Distanzierung von jeglicher Unterstützung von Terrorismus, Geldwäscherei oder anderen strafbaren Handlungen festgelegt wird. Dies kann z.B. in den Statuten verankert werden.
  • Die Finanzverwaltung sollte transparent erfolgen, mit nachvollziehbarer Buchführung und Berichterstattung, transparenten Bankkonten, Verwendung von regulierten Finanzkanälen sowie einer Kontrolle bei Verteilung und Abhebung von Geldern.
  • Mögliche Risiken innerhalb einer NPO sollten identifiziert und regelmäßig (im Rahmen einer Risikoanalyse) überprüft werden.
  • Projekte, insbesondere solche mit Risikogesichtspunkten, sollten regelmäßigen Überprüfungen und Abschlussprüfungen unterzogen werden.
  • Es ist ratsam, Checklisten für jeden Schritt im Abwicklungsprozess eines Projekts bereitzustellen, um eine finanziell transparente Überwachung zu gewährleisten.

Best practices für die Risikoanalyse

  • Zur Erkennung und Steuerung der Risiken der Terrorismusfinanzierung ist eine Risikoanalyse durch die betroffenen Organisationen ratsam.
  • Eine Risikoanalyse sollte durchgeführt werden, wenn diese in der Nähe aktiver terroristischer Bedrohungen (wie oben erläutert) tätig sind. Sie kann pro Projekt oder Land erstellt werden.
  • Sie können folgender Beispielstruktur folgen:
    1. Bewerten Sie die oben angeführten Bedrohungsszenarien und allfällige weitere identifizierte Bedrohungen. Sie können dafür die Werte gering (1), mittel (2), hoch (3) oder sehr hoch (4) verwenden.
    2. Bewerten Sie, wie anfällig Ihre Organisation gegenüber jedem identifizierten Bedrohungsszenario ist. Sie können dafür die Werte gering (1), mittel (2), hoch (3) oder sehr hoch (4) verwenden.
    3. Führen Sie an, welche risikomindernden Maßnahmen (z.B. Prüfung der ProjektpartnerInnen, Dokumentation der Zahlungsflüsse, 4-Augen-Prinzip bei der Genehmigung von Zahlungen) Sie anwenden werden und bewerten Sie, wie sich diese Maßnahmen auf Ihr Risiko auswirken.
    4. Berechnen Sie das Gesamtrisiko nach der Formel: 40% Bedrohung + 60% Verletzbarkeit – risikomindernde Maßnahmen = Gesamtrisiko.
    5. Der ermittelte Gesamtwert spiegelt das Risiko der Terrorismusfinanzierung wider. Einzelne ermittelte Bereiche mit höherem Risiko sollten in der Projektabwicklung besonders berücksichtigt werden. Mögliche Maßnahmen umfassen die stärkere Überwachungen der Geschäftspartner und/oder der Transaktionen. Wenn das organisationsintern definierte Risikolimit überschritten wird, sollten bestimmte Projekte nicht oder nur unter geänderten Bedingungen durchgeführt werden.  
  • Als Informationen über die Risiken der Terrorismusfinanzierung können die Länderberichte der Financial Action Task Force dienen. Jurisdiktionen mit hohem Risiko für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung finden sich auf den entsprechenden Länderlisten der Financial Action Task Force und der Europäischen Kommission.  Ebenso können Sie Informationen der Behörden und Artikel seriöser Zeitungen oder Forschungsinstitute heranziehen. Wenn Sie oder vertrauenswürdige Auskunftspersonen bereits vor Ort vertreten sind, können Sie ebenfalls auf diese Informationen zurückgreifen.
  • Die ermittelte Kennzahl der Risikoanalyse gibt eine Einschätzung des eigenen Risikos wieder und sollte regelmäßig überprüft werden. Sie sollte jedenfalls angepasst werden, wenn sich wesentliche Parameter ändern, z.B. wenn neue Projekte in neuen Ländern hinzukommen.
  • Die Risikoanalyse dient zur Ableitung der Präventivmaßnahmen sowie zur Abstimmung mit der organisationsinternen Risikostrategie, den Risikopräferenzen, den Risikotoleranzen und den Risikolimits.
  • Für weitere Informationen zur Erstellung einer Risikoanalyse und praktischen Beispielen können Sie die Nationale Risikoanalyse 2021 (PDF, 1 MB) und das Rundschreiben der FMA zu diesem Thema heranziehen.

Best practices für die Projektabwicklung

  • Vergewissern Sie sich, dass die mit dem Projekt befassten Mitglieder der Geschäftsleitung und MitarbeiterInnen vertrauenswürdig sind. Dazu können Sie unter anderem die Einholung von Referenzen, Strafregisterauszüge oder den Abgleich mit EU-Sanktionslisten verwenden.
  • Vergewissern Sie sich, dass Sie Ihre Begünstigten kennen. Abhängig von dem festgestellten Risiko des Projekts sollten Sie zumindest grundlegende Informationen über die Gruppe Ihrer Begünstigten besitzen.
  • Vergewissern Sie sich, dass Sie Ihre Projekt- und GeschäftspartnerInnen kennen. Dazu können Sie unter anderem Informationen der Behörden, Artikel seriöser Zeitungen oder Forschungsinstitute, den Abgleich mit EU-Sanktionslisten, die Einholung von Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer sowie vertrauenswürdige Auskunftspersonen vor Ort verwenden.
  • Überprüfen Sie regelmäßig, dass es sich bei den Begünstigten oder Projekt- und GeschäftspartnerInnen um keine Personen oder Entitäten handelt, die unter die anwendbaren EU-Sanktionen fallen oder sonstigen terroristischen Organisationen angehören.
  • Legen Sie im Vorhinein fest,
    • wer,
    • wann,
    • unter welchen Bedingungen,
    • auf wieviel Geld zugreifen kann.
  • Die Geschäftsleitung sowie die mit dem Projekt befassten MitarbeiterInnen sollten das Risiko kennen und entsprechende risikomindernde Maßnahmen treffen. Diese sollten auch entsprechend geschult bzw. informiert werden.
  • Passen Sie Ihre Maßnahmen dem festgestellten Risiko an. Wenn Sie zum Beispiel ein hohes Risiko der Abzweigung vor Ort festgestellt haben, dann verstärken Sie die Überprüfung der lokalen ProjektpartnerInnen.
  • Dokumentieren Sie jeden Transaktionsschritt vom Empfang des Geldes bis hin zur Verwendung im Zielprojekt und archivieren Sie diese Dokumentation für einen angemessenen Zeitraum (zum Beispiel fünf Jahre).
  • Führen Sie nach Möglichkeit Folgekontrollen durch, um sicherzustellen, dass die Hilfe wie vorgesehen geleistet wurde.

Best practices für die Zusammenarbeit mit Kredit- und FInanzinstituten

  • Nehmen Sie nur Kredit- und Finanzinstitute in Anspruch, die zugelassen und beaufsichtigt sind. Bei Geschäftsbeziehungen mit nicht konzessionierten Anbietern riskieren Sie, die Spendengelder durch Betrug zu verlieren. Einen Überblick über alle in Österreich zugelassenen Anbieter gibt die Unternehmensdatenbank der FMA.
  • Setzen Sie sich frühzeitig mit Ihrer Bank in Verbindung. Legen Sie eine Zusammenfassung des von Ihnen vorgeschlagenen Programms vor, in der die vorgesehenen Begünstigten, die Auswahl der Begünstigten, das durchzuführende Programm, der Zeitplan, die ProjektpartnerInnen und die Vergabeverfahren aufgeführt sind.
  • Seien Sie darauf vorbereitet, Ihrer Bank zu helfen, Ihre Abläufe zu verstehen – sie ist keine spezialisierte humanitäre Organisation und ist möglicherweise nicht mit den von Ihnen eingerichteten Kontrollen vertraut. Zur Einhaltung ihrer rechtlichen Verpflichtungen müssen die Banken verstehen, wie Sie arbeiten, welche Zwecke Sie verfolgen und in welchem Umfang und wie häufig Sie Zahlungen planen.
  • Seien Sie transparent und so ausführlich wie möglich und bauen Sie Vertrauen zu Ihrer Bank auf. Erläutern Sie bei komplexen Szenarien, wie Sie Ihre Projektplanung durchgeführt haben, welche Sanktionslisten Sie abgeglichen haben, nach welchen Kriterien Sie Ihre ProjektpartnerInnen auswählen und wie Sie mit potentiellen Risikoszenarien umgehen werden.

Best practices für das Vorgehen in Verdachtsfällen

  • Erstatten Sie eine Verdachtsmeldung bei der Geldwäschemeldestelle und folgen Sie allen weiteren Anweisungen der Geldwäschemeldestelle. Informationen über das Erkennen von Auffälligkeiten finden sich auf der Homepage der Geldwäschemeldestelle und in einem Rundschreiben der FMA.
  • Diesbezüglich bietet es sich auch an, die MitarbeiterInnen entsprechend zu informieren und zu sensibilisieren, damit diese auch in der Lage sind, mögliche Anhaltspunkte oder Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung zu erkennen. Dies könnte zum Beispiel im Rahmen von (internen oder externen) Schulungen oder Informationsveranstaltungen stattfinden.
  • Aktualisieren Sie gegebenenfalls Ihre Risikoanalyse und die von Ihnen getroffenen Präventionsmaßnahmen.

Weiterführende Links

 

 

[1] Diese best practices wurden nach einer umfassenden Konsultation der nationalen Stakeholder erstellt. Zusätzlich wurden internationale best practices und Forschungsberichte berücksichtigt: FATF (2015) “Best Practices Paper on Combating the Abuse of Non-Profit Organisations (Recommendation 8)”; FATF (2014) “Risk of terrorist abuse in non-profit organisations”; Australian Government (2009) “Safeguarding your organisation against terrorism financing”; Dr. Justine Walker (2020) “Risk Management Principles Guide for Sending Humanitarian Funds into Syria and Similar High-Risk Jurisdictions”; Singapore Office of the Commissioner of Charities (2015) “Protecting your Charity Against Money Laundering and Terrorist Financing”

Letzte Aktualisierung: 1. Februar 2023