Referenzpfad der Europäischen Kommission für Österreich

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Im Rahmen des EU Stabilitäts- und Wachstumspakts traten mit 30. April 2024 die neue Verordnung (EU) 2024/1263, die novellierte Verordnung (EU) 2024/1264 sowie die novellierte Richtlinie (EU) 2024/1265 in Kraft.

Die budgetären Referenzwerte von 3% des BIP für das öffentliche Budgetdefizit und 60% des BIP für den öffentlichen Schuldenstand, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union verankert sind, stehen auch nach der Reform im Zentrum der europäischen Budgetüberwachung.

Das neue Fiskalregelwerk sieht vor, dass EU-Mitgliedstaaten, die mit ihrem öffentlichen Budgetdefizit 3% des BIP und bzw. oder mit ihrem öffentlichen Schuldenstand 60% des BIP überschreiten, von der Europäischen Kommission vor der Vorlage der nunmehr geforderten nationalen mittelfristigen Fiskal-Struktur-Pläne einen Referenzpfad für die Netto-Ausgaben erhalten, der die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellen soll. Dieser budgetäre Referenzpfad bezieht sich auf ein Netto-Ausgabenaggregat, das fortan als einziger operativer Fiskalindikator dienen soll.

Neben Österreich haben 16 weitere Länder einen solchen länderspezifischen Referenzpfad von der Europäischen Kommission erhalten, nämlich Belgien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Ungarn und Zypern.

Die vergangenen Jahre, die durch Krisen wie der COVID-19 Pandemie, der Energiekrise oder dem Krieg in der Ukraine geprägt waren, haben zu erheblichen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte der EU-Mitgliedstaaten geführt. Daher müssen in den kommenden Jahren wieder aktiv Maßnahmen zur Sicherung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zur Schaffung fiskalischer Spielräume zur Bewältigung künftiger Krisen und zur Umsetzung wichtiger Zukunftsinvestitionen ergriffen werden.

Heuer sind demnach die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, im Herbst erstmals die neu geforderten nationalen mittelfristigen Fiskal-Struktur-Pläne vorzulegen. Österreich ist wie alle anderen 16 EU-Mitgliedstaaten, die einen Referenzpfad erhalten haben, zusätzlich aufgefordert, in diesen Plänen einen nationalen Nettoausgabenpfad festzulegen.

Grundsätzlich ist in der Verordnung (EU) 2024/1263 folgender Prozess für die Planerstellung und Plangenehmigung durch den Rat der EU vorgesehen:

  1. Die Europäische Kommission übermittelt den Referenzpfad („Vorab-Leitlinien“). Zu diesem Zeitpunkt veröffentlicht die Europäische Kommission diesen Referenzpfad von sich aus noch nicht.
  2. Im Regelfall wird der nationale Plan am 30. April bzw. bei der Bildung einer neuen Regierung an die Europäische Kommission übermittelt. Nach Rücksprache mit der Europäischen Kommission kann für den Plan ein Anpassungszeitraum von 4 bzw. 7 Jahren darlegen. Um einen 7-jährigen Anpassungszeitraum zu erhalten, müssen die Mitgliedstaaten ein Reform- und Investitionspaket vorlegen. Da die neuen Regelungen erst am 30. April in Kraft getreten sind, wird dieses Jahr der Herbst von der Europäischen Kommission für die Übermittlung der ersten Pläne avisiert. Ein Mitgliedstaat und die Kommission können vereinbaren, z.B. im Fall von Wahlen, diese Frist um einen angemessenen Zeitraum zu verlängern. Zum Zeitpunkt der Planvorlage erfolgt auch die Veröffentlichung des Referenzpfades der Europäischen Kommission.
  3. Die Europäische Kommission bewertet die nationalen Pläne binnen sechs Wochen. Diese Frist kann um zwei Wochen verlängert werden.
  4. Innerhalb von sechs Wochen nach Annahme der Empfehlung durch die Europäische Kommission billigt der Rat den nationalen Plan und bestätigt damit, dass der Plan die Anforderungen erfüllt, oder
  5. Der Rat empfiehlt eine Überarbeitung des nationalen Plan binnen eines Monats.
  6. Der Rat empfiehlt dem betreffenden Mitgliedstaat auf Empfehlung der Kommission grundsätzlich den von der Kommission vorgegebenen Referenzpfad als Nettoausgabenpfad des Mitgliedstaats zu verwenden, u.a. wenn der betreffende Mitgliedstaat es versäumt, innerhalb eines Monats nach der Empfehlung des Rates einen überarbeiteten Plan vorzulegen, oder der Mitgliedstaat es versäumt, seinen ersten nationalen Plan oder einen neuen Plan im letzten Jahr des laufenden Plans zu übermitteln.

Das Bundesministerium für Finanzen bekennt sich zu dem neuen EU-Fiskalregelwerk. Der Referenzpfad wird dem Nationalrat übermittelt, da der politische Diskurs über die Zukunft Österreichs und seiner öffentlichen Finanzen unterstützt wird.

Gleichzeitig wird das Bundesministerium für Finanzen der Europäischen Kommission vorschlagen, dass der erste österreichische Plan von der neu gewählten Regierung erstellt wird. Dies kann wie folgt begründet werden:

  1. Der Plan reicht von 2025 zumindest bis zum Jahr 2028 und deckt maßnahmenseitig ausschließlich die nächste Legislaturperiode ab, da in Österreich am 29. September 2024 ein neuer Nationalrat gewählt werden soll.
  2. Die jetzige Regierung kann keine allfällige Planverlängerung verhandeln, da hierzu Maßnahmen und Umsetzungszeiträume angesprochen sind, die in die nächste Legislaturperiode fallen. Dazu kann sie sich nicht verpflichten, solange sie kein Mandat des Nationalrats hat.
  3. Jede neue Regierung hat einen neuen Plan auf Basis eines neuen Referenzpfades vorzulegen und ist nicht an einen alten Plan gebunden, außer es gibt bereits einen Plan, den der Rat gebilligt hat. Dann wären alle Maßnahmenänderungen bezüglich Planlaufzeitverlängerung mit der Europäischen Kommission und dem Rat der EU abzustimmen.
  4. Gemäß dem heutigen Wissenstand werden die ersten Pläne erst im Jänner 2025 vom Rat der EU gebilligt, dh es werden alle Mitgliedstaaten Pläne vorlegen, die erst Maßnahmen ab 2025 enthalten.
  5. Auch die länderspezifischen Empfehlungen, die in den nationalen Plänen zu adressieren sind, werden vom EU-Rat erst im November 2024 formal beschlossen.
  6. Schließlich darf auch auf die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Gemeinden für die öffentlichen Finanzen hingewiesen werden. Die Diskussion über die künftige Aufteilung der Verantwortung, wie sie derzeit im ÖSTP 2012 geregelt ist, steht erst am Anfang. 

Die neuen Fiskalregeln müssen ein Ansporn für alle Mitgliedsstaaten sein, die Haushalte nach den Krisenjahren wieder sukzessive in Ordnung zu bringen. Dem wird sich auch eine neue österreichische Bundesregierung nicht entziehen können.